Zürich – Die Schweizer Börse schliesst am Montag nach einem über weite Strecken freundlichen Verlauf schwächer. Nachdem der Leitindex SMI zunächst auf ein neues Rekordhoch geklettert war, drückten Verkäufe in den als defensiv beurteilten Schwergewichten den Markt in die Minuszone. Ob der Rekordlauf nur vorübergehend gestoppt ist, werde sich weisen müssen, hiess es am Markt. Die Stimmung sei nach wie vor grundsätzlich positiv, auch wenn die Risiken – neben dem Handelsstreit auch Brexit oder Konjunktur – nicht verschwunden seien.
Die Aktien erhielten von Spekulationen auf eine weitere sehr grosszügige Liquiditätsversorgung durch die Notenbanken starke Unterstützung. Vor der am Donnerstag erwarteten geldpolitischen Lockerung durch die Europäische Zentralbank (EZB) hätten sich die Anleger aber trotzdem etwas vorsichtiger verhalten und seien dazu übergangen, Gewinne einzustreichen. Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB ein Bündel von Massnahmen ins Auge fassen wird. Ein Grossteil davon dürfte jedoch in den aktuellen Börsenkursen bereits eingepreist sein. Die SNB nimmt ihre geldpolitische Lagebeurteilung kommende Woche vor. Je nachdem wie sich das Währungspaar Euro/Franken nach der EZB verhalte, könnte die SNB auch unerwartete Massnahmen ergreifen, hiess es weiter.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss nach einem neuen Rekordhoch von 10’109,29 Punkten um 0,14 Prozent tiefer auf 10’059,37 Punkten. Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI) gewann 0,36 Prozent auf 1’540,24 Zähler. Der breite Swiss Performance Index (SPI) verlor dagegen 0,22 Prozent auf 12’239,50 Zähler. 20 der 30 SLI-Titel zogen an und zehn waren schwächer.
Belastet wurde der Markt vor allem von den defensiven Marktschwergewichten: Die Aktien von Nestlé (-2,1%), der «schwersten» börsennotierten Schweizer Firma, litten zunehmend unter Gewinnmitnahmen. Mit einem Kursplus von mehr als 40 Prozent im laufenden Jahr scheine das weitere Potenzial etwas ausgereizt, hiess es bei Analysten. Zudem belastete eine Studie der Deutschen Bank, in der das Rating des Nahrungsmittelherstellers auf «Hold» von «Buy» herabgesetzt wurde.
Mit Firmen Alcon (-1,7%), Novartis (-0,4%), Roche (-0,9%), Sonova (-1,0%) und Vifor (-0,6%) notierten weitere krisenresistente Werte aus dem Gesundheitssektor im Minus. Unter Abgaben litten zudem Temenos (-1,6%). Nach einem Kursplus der Aktien des Softwareherstellers von fast 50 Prozent seit Anfang Jahr seien Gewinnmitnahmen wenig überraschend, sagte ein Börsianer.
Gefragt waren dagegen Aktien zyklischer Firmen und Finanzwerte. AMS bauten ihre Kursgewinne auf 4,2 Prozent aus. Die Aktien des Apple-Zulieferers genossen im Vorfeld der Apple-Produkteshow vom (morgigen) Dienstag verstärkte Aufmerksamkeit. Dahinter folgten bei den Zyklikern der Chemiekonzern Clariant (+2,4%) und der Luxusgüterhersteller Richemont (+1,8%). Rivale Swatch hinkte mit +1,2 Prozent hinterher.
Gekauft wurden ausserdem die Aktien der Banken Julius Bär (+2,9%), Credit Suisse (+2,5%) und UBS (+2,3%). Nach den jüngsten Tiefzinsrekorden hätten die Obligationenmärkte zu einer Korrektur angesetzt, was zu höheren Bondrenditen geführt habe. Davon profitierten die Banken, hiess es.
Bei den Versicherern zogen Swiss Re um 1,7 Prozent an. Der Rückversicherer liess am jährlichen Treffen der Branche in Monte Carlo verlauten, dass es nach den Verwüstungen auf den Bahamas durch Hurrikan «Dorian» noch zu früh sei für Schadenschätzungen.
Am breiten Markt schnellten die Aktien von Polyphor um 30 Prozent hoch. In einem Interview mit der «Finanz und Wirtschaft» sagte CEO Giacomo Di Nepi, er setze im Kampf gegen Brustkrebs grosse Hoffnungen in den Produktkandidaten Balixafortide. Die Ergebnisse einer Studie seien «wirklich hervorragend», so der CEO.
Die Aktien von Molecular Partners schossen 8,7 Prozent in die Höhe. Partner Allergan hatte in den USA einen Zulassungsantrag für das Augenmedikament Abicipar gestellt. Das Mittel basiert auf der DARPin-Technologie des Schweizer Biotechunternehmens, das im Erfolgsfall millionenschwere Meilensteinzahlungen erhält.
Biotechwerte seien eine Wette auf Top oder Flop, sagte ein Händler. «Entweder hat ein Produktkandidat die gewünschte Wirkung oder nicht.» Daher wiesen Biotechwerte auch stets einen volatilen Kursverlauf auf. (awp/mc/pg)