Zürich – Die Schweizer Aktienbörse hat am Donnerstag ihren Erholungsversuch fortgesetzt. Im Vergleich zum Morgen bröckelten die Kurse im Tagesverlauf aber etwas ab. Händler begründeten die positive Tendenz damit, dass sich die Märkte nach der Veröffentlichung des Protokolls der jüngsten US-Notenbanksitzung allmählich ein Bild über das weitere Vorgehen des Fed machen könnten. Laut Protokoll will das Fed wegen der hohen Inflation die Geldpolitik straffen und die Bilanzsumme rasch abbauen. Eine Entscheidung soll an der kommenden Sitzung Anfang Mai getroffen werden. Im Kampf gegen die Teuerung könnten mehrere grosse Zinsschritte notwendig werden.
Daher werde es im Laufe des Jahres mehrere Erhöhungen um jeweils 50 Basispunkte sowie eine schnellere und stärkere Senkung der Bilanzsumme als erwartet geben, kommentierte ein Händler. «Die Notenbanken scheinen jetzt den Inflationsdruck wesentlich stärker wahrzunehmen und reagieren mit der entsprechenden Wortwahl», sagte er. Doch bleibe die Lage zwischen dem Ukraine-Krieg und der US-Notenbank schwierig, denn beide Faktoren dürften die wirtschaftliche Entwicklung negativ beeinflussen. «Der Kursanstieg steht daher auf eher tönernen Füssen.» Die Anleger setzten daher wohl auch eher auf defensive Sektoren wie Pharma und Lebensmittel, sagte der Händler weiter. Daher habe sich der Markt am Donnerstag auch recht uneinheitlich präsentiert.
Der SMI schloss schliesslich um 0,42 Prozent höher bei 12’372,46 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und die Gewichtung der Schwergewichte gekappt ist, gewann 0,19 Prozent auf 1917,41 Punkte und der breite SPI legte 0,45 Prozent auf 15’744,07 Zähler zu. Im SLI hielten sich Gewinner und Verlierer in etwa die Waage.
Hochgehievt wurde der Markt vor allem von den schwergewichtigen Pharmawerten Roche (+1,1%) und Novartis (+1,0%) sowie dem Lebensmitteltitel Nestlé (+0,6%), der am Berichtstag seine GV abhielt. Fester notierten mit Alcon (+2,0%) und Givaudan (+1,8%) weitere defensive Titel. In diesen unsicheren Zeiten profitierten vor allem Pharmawerte von ihren Defensivqualitäten, sagte ein Händler. Denn normalerweise sei der Pharmasektor kein Profiteur steigender Zinsen.
Gefragt waren aber über lange Strecken die Titel von Julius Bär (+0,4%), die den Vortagesverlust wenigstens etwas aufholen konnten. Unterstützt wurde die Erholung von der Deutschen Bank, die die Aktie des Vermögensverwalters auf «Buy» von «Hold» hochgestuft hatte. Laut Händlern hatten auch SocGen und die UBS (-1,3%) den Titel zum Kauf empfohlen. Die Titel der grössten Schweizer Bank schlossen ähnlich schwach wie die von Konkurrent Credit Suisse (-1,0%).
Die Sika-Aktien (+0,3%) profitierten von Ergebnishoffnungen im Hinblick auf die Quartalsumsatzzahlen von kommender Woche.
Die Aktien von AMS Osram (-3,6%) fanden auch nach Tagen fallender Kurse keinen Boden. Die Firma befinde sich «im Sturm zwischen Lieferkettenproblemen, temporär wenig Wachstum und sehr hohen Investitionen», erklärte ein Händler. Ausserdem war von ersten Verleiderverkäufen die Rede.
Bei Adecco (-3,1%) drückten die Konjunktursorgen und die Senkung der Anlageempfehlung auf «Reduce» von «Hold» durch Kepler Cheuvreux den Titel nach unten. Bergab ging es auch mit Swatch (-1,2%) und Richemont (-0,7%) oder den Versicherern Swiss Re (-1,1%), Swiss Life (-0,8%) und Zurich (-0,3%).
Die Aktien von Straumann (-1,4% oder 19 Fr.) wurden derweil ex-Dividende von 6,75 Franken gehandelt. Minim schwächer waren auch Sonova (-0,1%). Ebenfalls Ex-Dividende (von 0,35 Fr.) gehandelt wurden am breiten Markt die Papiere von Oerlikon (-3,8% oder 0,27 Fr.).
Gesucht wurden Dätwyler (+4,8%). Der Industriekonzern kauft das US-Unternehmen QSR und will damit seine Markpositionen in Nordamerika und Asien stärken sowie die Abhängigkeit vom europäischen Markt reduzieren. Die Akquisition mache Sinn, hiess es bei der ZKB.
PolyPeptide (+5,5%) profitierten von einer verteidigende Wortmeldung der Berenberg Bank vom Vortag. (awp/mc/ps)