Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Montag die Abwärtstendenz der vergangenen Wochen fortgesetzt und deutlich nachgegeben. Die Märkte waren wegen der sich zuspitzenden Krise um den chinesischen Immobilienentwickler Evergrande in Alarmstimmung. Die Krise könnte sich zu einem grossen Problem im chinesischen Immobiliensektor entwickeln und zudem auf andere Bereiche überschwappen, befürchteten Marktbeobachter. «Evergrande schickt weitere Schockwellen über die Märkte», sagte ein Händler. Die Nervosität der Anleger zeigte sich auch beim Volatilitätsindex des SMI. Das Angstbarometer der Börse schoss um fast einen Fünftel in die Höhe.
Ebenfalls für Nervosität sorgten laut Händlern die Notenbanken. Am Mittwochabend veröffentlicht die US-Notenbank Fed die Ergebnisse der Zinsberatungen. Erwartet werde dabei ein klares Signal für ein Zurückfahren der milliardenschweren Anleihenkäufe. Wenn das Fed die Konjunkturhilfen zu früh herunterfahre, könnte dies die Konjunktur abwürgen, hiess es weiter. Zuletzt waren einige Zahlen veröffentlicht worden, die Zweifel an den rosigen Konjunkturaussichten geweckt hatten. Am Donnerstag folgt noch die SNB mit der geldpolitischen Lagebeurteilung. Dabei dürfte sie an der bisherigen Politik mit den Negativzinsen festhalten.
Der SMI fiel im Verlauf bis auf 11’643 Punkte – den tiefsten Stand seit mehr als drei Monaten. Im späten Handel konnten die Verluste dann aber noch eingegrenzt werden, so dass der Leitindex mit 11’766,42 Punkten den Handel noch um 1,42 Prozent tiefer beendete. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, büsste 1,85 Prozent ein auf 1924,82 und der umfassende SPI 1,42 Prozent auf 15’255,59 Zähler. 29 SLI-Titel gaben nach und einzig Logitech legte zu.
Der SMI sei charttechnisch angeschlagen, da er die von 12’000 bis 12’650 reichende Handelspanne nach unten verletzt habe. Eine Gegenbewegung über 12’000 Punkte tue nun not, wenn der SMI nicht weiter nachgeben solle, sagt ein Händler. Auf eine Erholung zu wetten, sei keine schlechte Idee. «Nach dem heutigen ‹Washout› dürfte es zu einer Gegenbewegung kommen», hoffen auch andere.
Europaweit standen die Finanzwerte stark unter Druck. Die Grossbanken CS (-7,6%), UBS (-6,6%) und Julius Bär (-5,7%) führten die Verliererliste bei den Blue Chips an. Schwach notierten zudem die Versicherer Swiss Life (-3,8), Swiss Re (-3,1%) und Zurich (-2,4%). Die Finanzbranche litt laut Händlern darunter, dass die Anleger im Zuge der Evergrande-Krise vermehrt Schutz in den sicheren Anleihen suchten, was deren Renditen sinken liess. Dies wiederum beeinträchtige die Ertragsaussichten für Finanzunternehmen. Zudem verschlechtere sich bei einer Abschwächung der Konjunktur tendenziell auch die Bonität der Kreditnehmer, sagten Händler.
Negative Nachrichten aus China belasteten zudem auch die Uhrenhersteller Richemont (-3,2%) und Swatch (-2,7%). In einem kriselnden China dürften die Konsumenten auch weniger Geld für Luxusartikel ausgeben. Bei Swatch kam zudem der Abstieg aus dem Leitindex SMI hinzu.
Aber auch von Zyklikern wie Holcim (-3,2%), Schindler (-3,2%) oder ABB (-2,8%) trennten sich die Anleger in dem aktuellen Umfeld verstärkt.
Die als defensiv geltenden Gesundheits- und Lifesciencetitel wie Straumann, Vifor, Sonova und Alcon büssten zwischen 1,9 und 0,4 Prozent an Wert ein. Vergleichsweise gut schlugen sich die Schwergewichte Novartis (-0,3%), Roche (-0,4%) und Nestlé (-0,5%).
Logitech (+0,8%) war der einzige Blue Chip mit einem Kursgewinn. Der Spezialist für Computerzubehör ist ab heute Montag anstelle von Swatch im SMI enthalten.
In den hinteren Reihen stachen Santhera mit einem Minus von 18 Prozent hervor. Das Unternehmen hat sich neue Mittel beschafft und Zahlen zum Halbjahr veröffentlicht.
Die Aktien des Flughafens Zürich (+4,2%) profitierten von der Hoffnung der Anleger, dass die USA die Reisebeschränkungen für Geimpfte aus Europa bald lockern könnten. (awp/mc/pg)