CH-Schluss: stabil – Zwischen Zinshoffnung und Konjunktursorge
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag nach einem freundlichen Verlauf praktisch unverändert geschlossen. Dabei hat der Markt nach der Veröffentlichung neuer US-Konjunkturdaten an Schwung verloren. Während die Sorgen über weitere Zinserhöhungen nachgelassen hätten, seien sie bezüglich einer möglichen Rezession in den USA gestiegen, hiess es am Markt. Eine tiefere Prognose für die Nachfrage nach Öl, sich mehrende Gewinnwarnungen und die enttäuschende Erholung in China verunsicherten, erklärte ein Händler. Zudem müsse sich der Markt in den kommenden Monaten wohl mehr mit der Gefahr einer Disinflation beschäftigen. Vor allem der deflationäre Trend in China berge eine Gefahr, sagte ein Experte.
Nachdem die US-Inflationsrate laut Angaben vom Vortag auf ein Zweijahrestief gesunken ist, bestätigten die US-Produzentenpreise nun diesen Trend und stiegen ebenfalls deutlich langsamer als erwartet. Die Preisdaten versetzten den Spekulationen auf weiter steigende US-Leitzinsen einen Dämpfer. Allerdings waren die Erstanträge auf US-Arbeitslosenunterstützung deutlich rückläufig und zeigten damit, dass der Arbeitsmarkt unverändert stark ist. Dies könnte die Hoffnungen auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus wohl etwas in Schach halten, meinte ein Händler. Aus Expertensicht ist eine Zinserhöhung Ende Juli um 0,25 Prozentpunkte so gut wie sicher, wie es danach weitergeht allerdings nicht.
Der SMI schloss nach einem Tageshoch auf 11’076 Zählern um 0,02 Prozent höher auf 11’021,66 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, rückte um 0,15 Prozent vor auf 1740,93 und der breite SPI um 0,17 Prozent auf 14’597,41 Zähler. Im SLI schlossen 22 Aktien höher und acht tiefer.
Star des Tages waren Swatch (+6,9%). Der Uhrenhersteller hat bei Umsatz und Gewinn stärker zugelegt als erwartet. Und das Geschäft dürfte weiterhin ausgezeichnet laufen, wie CEO Nick Hayek sagte. Richemont (+0,9%) legten im Kielwasser von Swatch ebenfalls zu. Der Konzern legt am Montag die Umsatzzahlen vor.
Auch der Vakuumventil-Hersteller VAT (+6,1%) informierte über seinen Geschäftsgang. Dabei litt das Unternehmen im ersten Halbjahr unter den stark gesunkenen Ausgaben von Halbleiterkunden. Die vorläufigen Zahlen lagen deutlich unter Vorjahr. Analysten sehen aber nun die Talsohle erreicht. Zudem habe das Unternehmen den Markt ja «vorbereitet». VAT hatte für einen Teil der Belegschaft bekanntlich Kurzarbeit beantragt.
Auf Erholungskurs waren mit AMS Osram (+3,6%) und Temenos (+1,0%) zwei weitere Technologiewerte. Sie profitierten wie einzelne Finanzwerte, zu denen etwa Partners Group (+1,5%) und Julius Bär (+1,5%) gezählt werden, von den Zinshoffnungen. Partners Group wird am Berichtstag nach Börsenschluss über die Entwicklung der verwalteten Vermögen im ersten Semester berichten. AMS und Temenos würden zudem immer wieder als mögliche Übernahmekandidaten gehandelt, sagte ein Händler ausserdem.
Beim Schwergewicht Roche (+0,6%) wurden die Daten zu einer subkutanen Darreichungsform des MS-Mittels Ocrevus wohlwollend aufgenommen. Mit Nestlé (+0,4%) tendierte ein weiteres Schwergewicht freundlich. Novartis (-0,5%) gaben dagegen nach.
Gefragt waren auch die beiden Zykliker Adecco (+1,0%) und Kühne+Nagel (+0,9%). Dagegen büssten die ebenfalls zyklischen Sika (-2,8%), Geberit (-1,0%) und ABB (-0,6%) Terrain ein. Gleich sieben Analysten hatten sich am Berichtstag vorsichtig über die bevorstehenden Quartalszahlen von Sika geäussert. Zudem hat die deutsche BASF die Serie an Gewinnwarnungen in der Chemiebranche fortgesetzt. EMS Chemie waren am Tag vor dem Halbjahresbricht unverändert.
Am breiten Markt legten Autoneum (+8,3%) nach einer Kaufempfehlung von Vontobel markant zu. GAM (+5,8%) waren ebenfalls im Aufwind. Grossaktionär Silchester unterstützt die Übernahme von GAM durch Liontrust. Polypeptide (-5,1%) brachen hingegen nach der dritten Gewinnwarnung in 12 Monaten deutlich ein. (awp/mc/ps)