Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Mittwoch deutlich nachgegeben. Nach einem bereits schwachen Start und einer vorübergehenden Erholung am Nachmittag fielen die Kurse gegen Handelsende auf neue Tagestiefststände zurück. Die Verhärtung der Fronten zwischen Rom und Brüssel im Streit um den italienischen Haushalt sowie schlechte Konjunkturdaten sorgte für grosse Nervosität an den Finanzmärkten. Italien weigert sich im Haushaltsstreit trotz Protesten der EU von seinen Schuldenplänen abzuweichen. In der Nacht hatte die italienische Regierung die EU-Frist verstreichen lassen. Italien steuert nun auf ein Defizitverfahren zu.
In einem nächsten Schritt könnten finanzielle Sanktionen folgen. Italien hat einen doppelt so hohen Schuldenberg wie nach EU-Regeln erlaubt. An den Börsen gibt es Befürchtungen, der Streit könnte in eine neue Schuldenkrise münden. Hinzu kommen die Unsicherheiten, ob die Grundsätze der Brexit-Einigung zwischen Grossbritannien und der EU im Parlament in London durchkommen oder nicht. Der IWF warnt Grossbritannien vor ungeordnetem Brexit.
Der Swiss Market Index (SMI) ging mit einem Minus von 0,93 Prozent auf 8’931,20 Punkten aus dem Handel. Damit konnte das Börsenbarometer die Marke von 9’000 Punkten nicht halten, die sie am frühen Nachmittag zurückerobert hatte. Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI) verlor 0,86 Prozent auf 1’392,78 Punkte und der breite Swiss Performance Index (SPI) 0,94 Prozent auf 10’483,80 Zähler. Von den 30 Titeln im SLI schlossen nur zwei in der Gewinnzone.
Zunächst war noch Rückenwind von der Wall Street gekommen, die zu einer Erholung nach drei Tagen Talfahrt angesetzt hatte. Am späteren Nachmittag ging dann aber den US-Börsen der Schnauf aus. Die Sorgen um Apple trieben die Technologiewerte wieder in den Keller.
So waren bei den Schweizer Blue Chips die Technologieaktien AMS (-9,7%) und Logitech (-2,2%) massiv unter Druck. Bei AMS haben die drei Banken Julius Bär, Credit Suisse und Deutsche Bank das Kursziel gesenkt. Laut Baader Helvea mehren sich die Anzeichen, dass Apple-Zulieferer wie AMS von der schwachen iPhone-Nachfrage betroffen sein werden. Innert einer Woche hat AMS damit über ein Viertel des Wertes verloren.
Ebenfalls unter die Räder kamen die Aktien des Hörgeräteherstellers Sonova. Sie verloren 2,1 Prozent, nachdem Kepler das Rating von «Hold» auf «Reduce» gesenkt hatte. Federn lassen mussten ebenfalls die Zykliker Lonza (-1,8%) und Schindler (-1,7%).
Es herrsche eine beträchtliche Unsicherheit am Markt, sagte ein Händler. Das Angstbarometer der Schweizer Börse, der Volatilitätsindex VSMI, kletterte um über 5 Prozent. Die Volatilität sei hoch, die Volumen gering und es sei keine Tendenz erkennbar, sagte ein Marktteilnehmer. Jetzt kämen auch die defensiven Schwergewichte, die normalerweise in solchen Lagen den Markt stützten, unter Druck.
Novartis-Aktien tauchten um 1,7 Prozent und Roche um 1,2 Prozent. Novartis hatte am Morgen die Pläne für die Abspaltung der Augenheilsparte Alcon konkretisiert. Die Nestlé-Titel verloren 0,9 Prozent. «Es hält nichts mehr. Die Anleger wollen nur noch aussteigen», sagte ein Händler.
Bei den Banken stachen Julius Bär (-1,2%) und Credit Suisse (-1,1%) und mit überdurchschnittlichen Abgaben hervor. Weniger gerupft wurden die UBS-Titel, die lediglich 0,2 Prozent verloren. Auf der anderen Seite konnten mehrere Banktitel zulegen wie etwa GAM oder eine Reihe von Kantonalbanken. Es gebe keine einheitliche Richtung im Handel, hiess es im Markt.
Die beiden einzigen Gewinnern unter den Blue Chips waren Dufry (+0,3%) und Richemont (+0,2%). Beim Reisedetailhändler hätten Anleger Shortpositionen decken müssen, hiess es im Markt.
Im breiten Markt standen Edisun (-9,6%) und Zur Rose (-9,0%) zuoberst auf der Verkaufsliste. Die Versandapotheke litt unter der Gewinnwarnung des grössten Konkurrenten, der Shop Apotheke aus den Niederlanden, die am Vorabend die Anleger geschockt hatte.
Bei den Gewinnern standen Asmallworld (+5,9%) und Phoenix Mecano (+5,0%) zuoberst.
(awp/mc/pg)