Zürich – Am Schweizer Aktienmarkt haben sich die Investoren am Mittwoch im Verlauf des Tages aus der Deckung gewagt und zugekauft. Nach anfänglichen Einbussen rückte der Leitindex SMI bei Handelshälfte in die Gewinnzone vor und kletterte am Nachmittag gar über die Marke von 11’800 Punkten. Gefragt waren dank beruhigender Konjunkturdaten aus China und den etwas in den Hintergrund gedrängten Inflationssorgen Zykliker. Im Gegenzug kamen Finanztitel unter Druck, und auch die defensiven Pharmaschwergewichte waren auf der Verliererseite zu finden.
Das Marktgeschehen am Mittwoch sei im Kontrast zu den letzten Handelstagen zu sehen, als Finanzwerte und defensive Papiere zu den Gewinnern gezählt und Wachstums- sowie Industrietitel eher mit Abgaben zu kämpfen gehabt hätten, sagte ein Finanzanalyst. Das Thema an der Börse blieben aber die Inflationssorgen, wobei sich der Preisauftrieb in den USA mit den steigenden Energiepreisen im September noch etwas beschleunigt hat. In den kommenden Tagen dürfte sich der Fokus der Anleger verstärkt auf die Berichtssaison der Unternehmen richten. Zugleich gebe es nach wie vor offene Fragen zur Krise des chinesischen Immobilienriesen Evergrande.
Der SMI gewann am Mittwoch bei Börsenschluss 0,49 Prozent auf 11’814,59 Zähler dazu. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, stieg gar um 0,72 Prozent auf 1912,72 und der breite SPI um 0,67 Prozent auf 15’246,01 Punkte. Im SLI standen am Ende zwanzig Gewinner zehn Verlierern gegenüber.
Die Blue Chips wurden bis zum Schluss von Temenos (+4,3%) angeführt. Der Bankensoftwarespezialist hat mit der amerikanischen Finanztechnologie-Firma Green Dot einen weiteren Kunden gewonnen. Zudem hätten gute Geschäftszahlen der deutschen Software-Schmiede SAP für Rückenwind gesorgt, hiess es am Markt. Temenos wird am morgigen Donnerstag (nachbörslich) Geschäftszahlen vorlegen.
Klar fester schlossen mit Straumann (+3,7%), Lonza (3,0%) und Sonova (+2,1%) auch Vertreter aus dem Medtech- und Pharmasektor. Zudem legten konjunkturabhängige Aktien wie Richemont (+3,0%), Sika (+2,3%) oder ABB (+1,8%) kräftig zu. Die besser als erwartet ausgefallenen Exportdaten aus China dürften einigen Zyklikern Aufwind gegeben haben. Zudem hatte der Richemont-Konkurrent LVMH aus Frankreich am Vorabend über steigende Umsätze berichtet.
Bei den Schwergewichten standen die fester tendierenden Nestlé-Titel (+0,6%) den nachgebenden Pharmawerten Novartis (-0,1%) und Roche (-0,5%) gegenüber. Nestlé hatte angekündigt, dass man sich geographisch neu ausrichten werde. So wurden die Zonen Nordamerika und Greater China geschaffen. Sie ergänzen die Zonen Europa, Lateinamerika sowie Asien, Ozeanien und Afrika (AOA). Ausserdem wirft die französische Wettbewerbsbehörde nebst anderen Unternehmen auch Nestlé-Töchtern Einschränkungen des Wettbewerbs vor.
Zur Schwäche neigten am Berichtstag eine Reihe von Finanzwerten. So büssten auf Versicherungsseite Swiss Re und Swiss Life je 0,7 Prozent und Zurich Insurance 0,6 Prozent ein. Die Grossbanken UBS (-0,6%) und Credit Suisse (-1,7%) gaben ebenfalls klar nach. Bei den Banken hat das US-Institut JPMorgan die Berichtssaison eröffnet und konnte einen Gewinnsprung vermelden. Dafür war aber in erster Linie die Auflösung von Kreditreserven verantwortlich.
Im breiten Markt kletterten Bossard nach der Vorlage von Zahlen um 8,6 Prozent in die Höhe. Der «Schraubenhändler» hatte im dritten Quartal die Markterwartungen an die Umsatzentwicklung übertroffen. Insbesondere in Europa und in Asien lief das Geschäft auf Hochtouren.
Zu den grössten Gewinnern zählten auch die Aktien der auf Marktexpansionsdienstleistungen spezialisierten DKSH (+6,8%). Auslöser für den Run auf die Titel dürfte ein Kommentar der ZKB sein. Der zuständige Analyst sieht bei DKSH einen guten Zeitpunkt zum Einstieg, um «an der vielversprechenden Wachstumsstory teilzunehmen».
Dem standen Abgaben von 14 Prozent bei Relief Therapeutics und 2,0 Prozent beim Flughafen Zürich gegenüber. Der Flughafen hatte am Vorabend seine jüngsten Verkehrszahlen veröffentlicht. (awp/mc/pg)