CH-Schluss: SMI von Inflationssorgen heruntergezogen
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Mittwoch auf breiter Front nachgegeben, konnte aber im späten Handel die Verluste eingrenzen. Die Investoren trieb auch zur Wochenmitte die Sorge um, dass die Notenbank dem steigenden Inflationsdruck eher früher als später mit höheren Zinsen begegnen könnte. Vor allem in USA steigen die Wachstums- und Inflationserwartungen. Auch in Europa ist die Inflation im April erneut geklettert. Hinzu kommt die Dollar-Schwäche. Ein Analyst warnte, dass eine anhaltende Schwächephase der US-Währung die Preissteigerungen der überwiegend in Dollar gehandelten Rohstoffe und damit den Inflationsdruck weiter anheizen könnte.
Am Abend erhoffen sich die Anleger Signale zur weiteren Geldpolitik der US-Notenbank, wenn die Fed ihr Protokoll zur jüngsten Zinssitzung veröffentlicht. Analysten und Investoren hätten gerne Hinweise, ob die Notenbank mit Blick auf die steigende Inflation etwas an ihrer entspannten Haltung ändern könnte. «Zumindest solange die Arbeitslosenquote hoch und der Lohndruck gedämpft bleibt, würde ich nicht darauf hoffen, dass die Notenbank ihre Rhetorik in Bezug auf die Inflation ändert», kommentierte eine Analystin. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff hält die Inflationsängste für überzogen: Bis die Inflation zum Problem werde, sei es noch ein weites Stück: «Ausserdem sehen wir derzeit keinen Anstieg der Preise auf breiter Front.»
Der SMI schloss um 0,87 Prozent tiefer bei 11’045,20 Punkten. Ganz kurz war der Leitindex in der letzten Handelsstunde gar unter die Marke von 11’000 Punkten auf das Tagestief von 10’993,72 Zähler gefallen. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, sank um 0,97 Prozent auf 1788,55 Zähler und der breite SPI um 0,79 Prozent auf 14’226,08 Punkte. Von den 30 SLI-Titeln notierten 24 im Minus, 5 im Plus und einer (Swisscom) schloss unverändert.
Dabei setzten Sonova ihren Steigflug fort (+1,8%), nachdem sie bereits am Vortag nach Veröffentlichung der Geschäftszahlen für 2020/21 einen Kurssprung um über 11 Prozent gemacht hatten. Der Hörgerätehersteller hatte mit dem Ergebnis die Erwartungen der Analysten übertroffen. In der Folge stuften reihenweise Analysten ihre Einschätzungen nach oben.
Zulegen konnten auch Logitech (+0,6%), die sich damit der allgemeinen Schwäche der Technologietitel entzogen. Givaudan legten um 0,3 Prozent und Swatch um 0,2 Prozent, wogegen Richemont um 2,0 Prozent nachgaben.
Julius Bär büssten trotz überzeugender Vier-Monats-Ergebnisse die Gewinne vom Vormittag wieder ein und schlossen um 1,4 Prozent tiefer. Der Vermögensverwalter hat in den ersten vier Monaten 2021 von positiven Finanzmärkten und guten Zuflüssen von Neugeldern profitiert und die verwalteten Vermögen klar gesteigert. Die Bruttomarge übertraf gar die kühnsten Erwartungen der Analysten.
Unter die Räder kamen Zykliker und Finanzwerte. An der Spitze der Verlierer standen Adecco (-3,3%), ABB (-3,0%) und Holcim (-2,5%). Marktteilnehmer sprachen von grösseren Programmverkäufen bei Zyklikern. Da konnte auch die Erhöhung des Kursziels für Holcim durch Berenberg nicht helfen.
Bei den Finanzwerten zeigten Swiss Re (-2,2%), Swiss Life (-1,8%) und Partners Group (-1,7%) die grössten Verluste.
Bei Straumann (-1,5%) halfen die Wachstumsziele nicht, die Konzernchef Guillaume Daniellot in einem Interview geäussert hatte. Die volatilen Temenos (-1,4%) und AMS (-1,0%) wurden von einer allgemeinen Schwäche der Technologiewerte nach unten gezogen.
Ebenfalls leicht im Minus befanden sich Nestlé (-0,1%). Die anderen Schwergewichte Novartis (-0,8%) und Roche (-0,7%) zeigten dagegen deutlichere Abgaben.
Im breiten Markt wurden Bellevue (+7,8%) und Lem (+6,3%) von Geschäftszahlen beflügelt. Bellevue rechnet für das erste Semester 2021 mit einem Gewinn von mehr als 20 Millionen Franken. Auch die Kundenvermögen sind gestiegen. Lem hat im März zu Ende gegangenen Geschäftsjahr 2020/21 die Erwartungen der Analysten übertroffen. (awp/mc/pg)