Zürich – Am Schweizer Aktienmarkt haben am Freitag wohl letztendlich doch die Sorgen überwogen. Denn nach einer erst schwächeren Eröffnung hatte der Leitindex SMI bis zum frühen Nachmittag klar ins Plus gedreht, um dann doch im Minus zu schliessen. Insbesondere die defensiven Nestlé stützten den hiesigen Markt, während andere europäische Börsen deutlich tiefer schlossen. Der Lebensmittelriese hatte am Morgen mit dem Zwischenbericht zum ersten Quartal überzeugt.
Die Stimmung insgesamt sei aber weniger gut, hiess es am Markt. Die allgegenwärtigen Konjunktursorgen und ein Rückschlag bei einem Test mit einem möglichen Medikament gegen Corona hätten die Stimmung am Markt merklich eingetrübt. So ist etwa die Stimmung bei deutschen Unternehmen gemessen am Ifo-Geschäftsklimaindex im April auf ein historisches Tief gefallen. «Massive Einkommensverluste stehen bevor. Wir alle werden ärmer werden», sagte ein Marktbeobachter. Und das gelte nicht nur für Deutschland, sondern für sämtliche Volkswirtschaften.
Der SMI ging praktisch unverändert bei 9’625,71 Punkten aus dem Handel. Damit ergab sich auf Wochensicht ein leichtes Plus von 0,1 Prozent. Es war die sechste positive Woche in Folge – seit dem Tiefpunkt Mitte März bei 7’650 Punkten, wobei die Vorwochen allerdings je viel deutlichere Gewinne sahen. Das Allzeithoch von 11’270 vom 20. Februar bleibt damit immer noch weit entfernt.
Der SLI mit den 30 wichtigsten Aktien verlor am Freitag 0,35 Prozent auf 1’381,66 Zähler. Weil im SLI die Gewichtung der einzelnen Aktien nach oben stärker limitiert ist und daher Nestlé weniger Gewicht hat, ergibt sich die Diskrepanz.
Der breit gefasste SPI stieg hingegen um 0,12 Prozent auf 11’905,46 Stellen. Von den 30 SLI-Werten verzeichneten 23 Verluste und sieben Gewinne.
Nestlé (+1,8%) profitierten nach Umsatzzahlen: Der Konzern war mit deutlich mehr Schwung als von Analysten erwartet ins Jahr 2020 gestartet. Und auch der Ausblick für das Gesamtjahr blieb trotz Corona-Pandemie zunächst unberührt. Es sei einfach noch zu früh um die genauen Auswirkungen abzuschätzen, hiess es. Im ersten Quartal wurde der Umsatz auch von Hamsterkäufen in den Industrieländern in der Krise angetrieben. «Nestlé wird seiner Primus-Rolle gerecht», wurde am Markt kommentiert. Und: Die Aktie sei einfach ein «Must-have».
Zu den am Schluss eher wenigen Gewinnern gehörten zudem weitere defensive Titel wie Lonza (+1,6%), Roche (+0,6%), aber auch Logitech (+0,5%). Novartis hingegen verloren mit -0,6 Prozent etwas.
Zu den grössten Verlierern gehörten auf der Gegenseite AMS (-4,4%) sowie die beiden konjunktursensiblen Luxusgüterhersteller Swatch (-3,1%) und Richemont (-2,1%) sowie weitere Zykliker.
In dem trüben Umfeld trennten sich die Anleger zudem auch europaweit von den als sehr konjunktursensibel geltenden Aktien der Finanzinstitute. Hierzulande büssten Julius Bär (-2,5%), Credit Suisse (-1,7%) und UBS (-1,2%) ein.
Am breiten Markt trieben spekulative Käufe die Aktien von Aryzta (+10% auf 0,32 Fr.) an. Die Papiere des angeschlagenen Backwarenherstellers seien eine Wette auf einen Turnaround – eigentlich eine Option mit unbegrenzter Laufzeit, sagte ein Händler.
Swissquote (+5,4%) profitierten von einer Kurszielerhöhung und eine bestätigte Kaufempfehlung durch Kepler. Eine Roadshow mit dem Finanzchef der Online-Bank habe die optimistische Stimmung der Analysten bestätigt. Das Unternehmen profitiere von der wiedergewonnenen Marktvolatilität. Darüber hinaus entwickelten sich neue Geschäftsmöglichkeiten in Asien und Europa.
Dufry (-5,9%) gingen hingegen nach anfänglichen Gewinnen am Schluss deutlich tiefer aus dem Handel. Vontobel senkte das Kursziel, aber die Einstufung für die Aktie lautet weiterhin «Buy». Für den von den Folgen der Coronakrise arg gebeutelten Reisedetailhändler sei die Dauer des Lockdowns entscheidend, hiess es. Am Vortag hatten Dufry kräftig zugelegt. Und am Morgen wurde bekannt, dass eine geplante Aktien- und Bondplatzierung erfolgreich abgeschlossen worden war. (awp/mc/pg)