CH-Schluss: Starke Verluste – Ängste vor Drosselung der Geldpolitik
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Dienstag gemeinsam mit den anderen europäischen Börsenplätzen stark nachgegeben. Als Hauptgrund für die Verluste verwiesen Kommentatoren auf die Enttäuschung über den Zinsentscheid der japanischen Zentralbank. Diese hatte am in der Nacht auf Dienstag zwar angekündigt, ihre lockere Geldpolitik beizubehalten, allerdings waren am Markt deutlich expansivere Schritte erwartet worden.
Vor dem Hintergrund der Befürchtungen über eine Drosselung der Anleihenkäufe durch die US-Notenbank Fed werde jedes Anzeichen über eine Verlangsamung der sehr lockeren Geldpolitik negativ aufgenommen, sagte ein Händler. Die hohe Nervosität am Markt zeigte sich auch in den erneut sehr hohen Werten des Volatilitätsindex VSMI. Zudem richteten sich die Blicke an den Finanzmärkten nach Karlsruhe, wo das deutsche Verfassungsgericht über die Rechtmässigkeit EZB-Politik zur Euro-Rettung zu befinden hatte.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss 1,51% im Minus auf 7’613,01 Punkten. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) sank um 1,56% auf 1’163,70 Zähler und der breite Swiss Performance Index (SPI) gab um 1,49% auf 7’244,22 Punkte nach. Von den 30 wichtigsten Titeln beendeten 29 den Tag im Minus und nur einer im Plus.
Die heftigsten Verluste erlitten bei den Bluechip-Werten mehrere typische zyklische Titel. So mussten Richemont Abgaben von 3,4% hinnehmen, während Swatch 2,1% im Minus schlossen. Die Aktien der Luxusgüterhersteller würden derzeit wegen den nachlassenden Wachstumsraten in China gemieden, hiess es am Markt. Analytiker wiesen allerdings gleichzeitig darauf hin, dass der chinesische Markt für diese Hersteller noch bei weitem nicht ausgeschöpft sei.
Auch SPS (-2,8%) gehörten zu den klaren Verlierern des Börsentags. Das Immobilienunternehmen hatte vorbörslich die Übernahme des Seniorenresidenzbetreibers Tertianum mitgeteilt. Starke Rückschläge erlitten zudem Adecco (-2,6%), Syngenta (-2,5%) und Sulzer (-2,4%).
Bei den Bankenwerten gaben vor allem UBS (-2,2%) deutlich nach, während CS (-1,2%) und Julius Bär (-0,7%) weniger stark nachgaben als der Gesamtmarkt. Schwächste Versicherungstitel waren Bâloise (-1,5%). Das Unternehmen hatte eine Restrukturierung seines Deutschlandgeschäfts bekannt gegeben.
Erneut schwach zeigten sich auch die Nestlé-Aktien (-1,5%). Der Nahrungsmittelkonzern erhält in seinem lukrativen Nespresso-Geschäft schärfere Konkurrenz nicht nur von der Migros, sondern auch vom US-Konzern Mondelez, der in verschiedenen europäischen Ländern kompatible Kaffekapseln lancieren möchte. Bei den Pharmawerten gaben Roche 1,6% und Novartis 1,0% ab. Roche konnte die Zulassung des Hautkrebs-Medikaments Erivedge in der Schweiz als erstem europäischen Land vermelden.
Etwas weniger unter Druck standen die defensiven Swisscom (-0,1%) sowie Givaudan (-0,3%). Die eher zyklischen Kühne+Nagel gaben 0,9% nach. Für das Speditionsunternehmen haben die Analysten der US-Bank Goldman Sachs im Rahmen einer Sektorstudie das Kursziel leicht erhöht, sie bleiben aber beim Rating «Neutral». Sika (+0,5%) legten als einzige SLI-Titel zu. Das UBS-Aktienresearch hatte die Titel des Bauchemieunternehmens neu in seine Pan-European Top small/mid caps Key Calls-Liste aufgenommen.
Am breiten Markt gaben AMS (-1,1% auf 70,50 CHF) noch leicht nach, nachdem die Titel des Chipherstellers am Vortag nach einer Gewinnwarnung um 17% abgestürzt waren. Am Dienstag haben die Vontobel-Analysten das Kursziel auf 100 (125) CHF gesenkt, sind aber bei ihrer Kaufempfehlung für die Titel geblieben.
Abgaben erlitten auch einige Kantonalbank-Titel, wie beispielsweise Basler Kantonalbank (-4,4%) oder BCV (-1,82%) oder St. Galler Kantonalbank (-2,3%). Die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats hatte in der Nacht auf Dienstag das vom Bundesrat vorgeschlagene Gesetz abgelehnt, mit dem die Regierung den Banken die Lösung der Steuerproblematik mit den USA erleichtern wollte. (awp/mc/upd/ps)