Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt bleibt mit Blick auf die «Brexit»-Abstimmung von kommender Woche unter Druck. Nach dem vorsichtigen Erholungsversuch vom Mittwoch legte der Leitindex SMI am Donnerstag von Beginn weg wieder den Rückwärtsgang ein und fiel zwischenzeitlich sogar unter die Marke von 7’600 Punkten. In der Schlussphase liess der Abgabedruck allerdings etwas nach. Der drohende EU-Austritt Grossbritanniens und die damit verbundenen Unsicherheiten haben die Finanzmärkte jedoch fest im Griff. An den Börsen herrsche derzeit Ausverkaufsstimmung, meinte ein Händler. Besonders stark litten Zykliker darunter, während die defensiven Schwergewichte einen noch deutlicheren Rückfall verhinderten.
Der weltweite politische und konjunkturelle Ausblick sei düster und treibe die Anleger in «sichere Häfen», so der Händler weiter. Die Suche nach Sicherheit lässt auch den Franken erstarken, wobei das Euro-Franken-Währungspaar erneut unter die Schwelle von 1,08 zurückgefallen ist. Im Vorfeld des «Brexit»-Referendums setzt die SNB derweil wie erwartet unverändert auf die geldpolitischen Pfeiler Negativzinsen und Devisenkäufe. SNB-Präsident Thomas Jordan bekräftigte in seinen Ausführungen die Absicht, auch im Falle eines «Brexit» wenn nötig am Devisenmarkt zu intervenieren. Zuvor hatten zudem weder die japanische Notenbank noch die Fed eine Kursänderung vorgenommen, und auch die Bank of England bleibt im «wait and see»-Modus.
Bis Börsenschluss verlor der Swiss Market Index (SMI) 0,58% auf 7’634,66 Punkte. Damit steuert der Index weiter auf das Jahrestief bei 7’425 Punkten von Mitte Februar zu. Der 30 Titel umfassende Swiss Leader Index (SLI), in dem die grössten Titel nicht mit der ganzen Gewichtung enthalten sind, büsste am Donnerstag 0,88% auf 1’150,40 und der breite Swiss Performance Index (SPI) 0,69% auf 8’273,96 Punkte ein. Von den 30 Blue Chips lagen am Ende 28 im Minus, Syngenta (+0,2%) schlossen im Plus und Novartis unverändert.
Bei den Blue Chips grenzten Credit Suisse (-1,4% auf 11,45 CHF) die Kursverluste zum Handelsende hin ein, nachdem die Titel im frühen Geschäft gar bis auf 11 CHF abgesackt waren. Besser hielten sich UBS, die zum Schluss nur noch 0,4% verloren. Die SNB hatte den beiden Grossbanken am Donnerstag in ihrem Bericht zur Finanzstabilität zwar eine Verbesserung ihrer Kapitalsituation attestiert, aber weitere Massnahmen angemahnt. Würden die Banken ihre Risiko-Positionen nämlich nicht anpassen, bräuchten sowohl UBS wie auch Credit Suisse laut SNB je rund 10 Mrd CHF an zusätzlichem Eigenkapital.
Auf Tauchgang begaben sich einige Zykliker. Allen voran büssten LafargeHolcim 2,4%, Dufry 1,8% sowie die Chemietitel von Lonza 1,9% ein. Auch Sonova verbilligten sich mit 3,0% (-3,70 CHF) stark, was aber zum Teil mit dem Dividendenabgang im Umfang von 2,10 CHF je Titel zu erklären ist. Grössere Einbussen waren auch noch bei Galenica (-2,8%) oder Swiss Life (-1,5%) zu sehen.
Im Rahmen hielten sich die Verluste der Schwergewichte, wobei Novartis sogar den Schlusskurs vom Vortag halten konnten. Nestlé (-0,4%) und die Roche-Genussscheine (-0,8%) konnten sich nicht ganz so gut dem Abwärtssog entziehen.
Am breiten Markt fielen Ams (-1,2%) nach einer Übernahme im Bereich Infrarotsensorik nicht sonderlich auf. Die Aktien des Biotechunternehmens Kuros gaben am Berichtstag deutliche 6,1% nach. Die Kuros-Aktionäre stimmten an der Generalversammlung unter anderem für die vorgeschlagene Aktienzusammenlegung und die dafür notwendigen Statutenänderungen. Das Unternehmen will damit die Namenaktien für Investoren attraktiver machen und den Handel erleichtern.
Deutliche Kursverluste waren auch bei den Pharmatiteln von Molecular Partners (-7,3%) oder Newron (-7,2%) zu sehen. Bei den Gewinnern kletterten etwa Gottex (+9,3%), Perrot Duval (+4,0%) oder Orascom (+2,7%) in die Höhe. (awp/mc/upd/pg)