CH-Schluss: Anleger auf Rückzug angesichts politischer Brandherde
Zürich -Die Schweizer Börse hat am Mittwoch deutlich im Minus geschlossen. Kaum hat das Gespenst um die Entwicklung in der Türkei etwas an Schrecken verloren, treibt die Furcht vor einer Talfahrt der chinesischen Wirtschaft durch den Handelsstreit mit den USA die Anleger aus den Aktien. Die internationalen Handelsstreitigkeiten geben aus Sicht von Experten Anlass zu Besorgnis vor einem Flächenbrand in den Schwellenländern.
Brandbeschleuniger ist US-Präsident Donald Trump, der aktuell zahlreiche Gefechte austrägt: Nicht nur die Handelsstreitigkeiten mit China stehen immer wieder im Fokus, sondern auch die mit Europa sind nicht ausgestanden. Auf Konfrontationskurs ging Trump zudem zu Russland, dem Iran und der Türkei. Die zahlreichen, gemischt ausgefallenen Konjunkturdaten aus den USA brachten am Mittwoch keine klaren Impulse.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss mit einem Minus von 0,93 Prozent bei 8926,23 Punkten. Damit fiel der Leitindex wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 9’000 Zählern, die er zuletzt am Montag erobert hatte.
Der 30 Aktien umfassende Swiss Leader Index (SLI) gab zum Schluss 1,12 Prozent auf 1’455,84 Punkte nach, während der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,96 Prozent auf 10’639,02 Zähler fiel. Von den 30 wichtigsten Titeln schlossen mit Ausnahme von Nestlé alle im Minus.
Die Unsicherheiten an der Währungsfront färbe auf die Aktienmärkte ab, sagte ein Händler. Die Investoren zeigten Risikoscheu. «In der aktuellen Situation darf man aus der Beruhigung der türkischen Lira nicht auf eine Verbesserung der fundamentalen Situation in der Türkei schliessen. Hier haben lediglich Leerverkäufer ein paar kurzfristig entstandene Tradinggewinne vom Tisch genommen», sagte ein weiterer Marktteilnehmer. Hinzu kämen die Sorgen um die chinesische Wirtschaft. Die Schwäche des Renminbi würden viele Investoren als Vorzeichen eines abrupten Endes des Aufschwungs im Reich der Mitte interpretierten.
Von den Bluechips wurden Richemont (-3,2%) und Swatch (-3,1%) am deutlichsten abgestraft. Beide Luxusgüterhersteller würden unter einer Krise in China erheblich leiden, Anleger nahmen daher Gewinne mit. Erneut unter Druck kamen auch die Vifor-Titel (-3,2%), die bereits am Vortag hatten Federn lassen müssen.
Ein weiterer Dämpfer ist die Aufwertung des Frankens, der angesichts der Turbulenzen an den Devisenmärkten als sicherer Hafen gesucht wird und so teuer ist wie seit einem Jahr nicht mehr. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) bekräftigte am Mittwoch am Rande der Vorstellung der neuen 200-Franken-Note die Bereitschaft, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren.
Ein starker Franken und ein schwacher Euro sei für Schweizer Industrieunternehmen ein Problem, sagte ein Händler. So erlitten die Aktien des Liftherstellers Schindler (-2,1%), des Elektrotechnikkonzerns ABB (-1,9%) und des Bauchemieunternehmens Sika (-1,6%) deutliche Einbussen.
Abschläge gab es ebenfalls beim Zementriesen LafargeHolcim (-1,6%), beim Sanitärtechniker Geberit und beim Spezialchemiekonzern Clariant (je -1,5%).
Der Hörgerätehersteller Sonova (-2,6%) wurde in Sippenhaft des dänischen Konkurrenten William Demant genommen, der eher durchzogene Halbjahreszahlen vorgelegt hatte. Bei den Grossbanken tauchten CS um 1,4 Prozent, während die UBS-Titel nur halb so viel verloren (-0,7%).
Als einzige Aktie unter den Bluechips schloss das defensive Schwergewicht Nestlé hauchdünn im Plus (+0,02%).
Im breiten Markt waren die Titel von Meyer Burger mit einem Minus von 10 Prozent die grössten Verlierer. Im Vorfeld der Halbjahreszahlenpräsentation vom (morgigen) Donnerstag zeigten die Käufer der Aktie des Solarindustrieausrüsters die kalte Schulter, hiess es am Markt.
Der Finanzdienstleister VZ wurde abgestraft (-4,8%), weil die Gruppe mit ihren Halbjahreszahlen die die Erwartungen der Finanzgemeinde nur teilweise erfüllt hatte. Die Kudelski-Aktien gingen mit einem Minus von 1,7 Prozent aus dem Handel, nachdem sie infolge von schwachen Halbjahreszahlen zeitweise weit tiefer abgestürzt waren.
Auf der anderen Seite zogen Orell Füssli (+7%) und Cicor (+6,1%) deutlich an. Der Leiterplattenhersteller hat im ersten Halbjahr Umsatz und Gewinn deutlich gesteigert. (awp/mc/hfu)