Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat zu Wochenbeginn den Rückwärtsgang eingelegt. Der SMI hatte knapp gehalten eröffnet und drehte im Handelsverlauf stärker ins Minus. Eine Zwischenerholung hatte keinen Bestand und gegen Handelsschluss kam mit einer schwächeren Wall Street erneuter Druck auf. Die Marktlage bleibe von Unsicherheit geprägt, meinen Händler. Die Abstimmung zur Verfassungsreform in Italien am kommenden Wochenende lasse die Anleger vorsichtig agieren. Europaweit waren Finanzwerte durch eine Warnung vor Milliardenrisiken bei der Monte dei Paschi belastet.
In Italien macht sich grosser Widerstand gegen den von Premierminister Matteo Renzi lancierten Reformvorschlag breit, der den politischen Entscheidungsprozess vereinfachen soll. Experten befürchten, dass bei einem «No»-Votum das Euro-kritische Lager um die Fünf-Sterne-Bewegung an Stärke gewinnt. Am Markt wird zudem auf die Opec-Sitzung am Mittwoch geschaut, bei der die Umsetzung der bereits beschlossenen Förderkürzung ausgearbeitet werden soll. Die US-Börsen gaben nach der Rekordjagd der Vorwoche und dem «Thanksgiving»-Wochenende nach.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss 0,74% tiefer auf 7’823,23 Punkten (Tagestief 7’816). Der 30 Titel umfassende Swiss Leader Index (SLI), in dem die grössten Titel nicht mit der ganzen Gewichtung enthalten sind, sank um 0,76% auf 1’239,93 und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,65% auf 8’572,19 Punkte. Von den 30 wichtigsten Titeln schlossen 26 im Minus und vier im Plus.
Belastet wurde der Gesamtmarkt von schwachen Finanzwerten. So gaben Credit Suisse (-2,2%), Zurich Insurance (-1,7%), UBS (-1,5%), Julius Bär, Swiss Re und Swiss Life (je -0,9%) deutlich ab. Die italienische Monte dei Paschi hatte in dem Prospekt für die anstehende Kapitalerhöhung auf Risiken in Milliardenhöhe durch Rechtsfälle hingewiesen. Zudem verwiesen Marktteilnehmer auf den unsicheren Ausgang des Italien-Referendums, was den instabilen Finanzsektor dort erneut belasten könnte.
Deutlichere Abgaben sahen zudem LafargeHolcim (-1,9%), Syngenta (-1,4%) und Galenica (-1,6%). Deren Tochter Relypsa hat für den Kaliumbinder Veltassa von der FDA die Genehmigung für eine Indikationsanpassung erhalten. Die Labelanpassung sowie der gestrichene Warnhinweis der FDA seien erfreulich, so eine Analystin. Wichtig werde es nun aber sein, wie sich die Umsätze von Veltassa entwickeln.
Auch andere Zykliker wie ABB (-1,0%) oder Schindler (-0,7%) standen auf den Verkaufs-Zetteln. Bei den Uhrenwerten Richemont (-0,4%) und Swatch (-0,9%) konnten auch ermutigende Aussagen des Chefs der LVMH-Uhrendivision Jean-Claude Biver nicht viel ausrichten. Er rechnet über das ganze Jahr gesehen bei den Schweizer Uhrenexporten mit einem Plus von 2-5%.
Die Schwergewichte Novartis (-0,6%), Roche (-0,5%) und Nestlé (-0,7%), die den SMI lange stabilisiert hatten, drehten in der letzten Handelsstunde stärker Richtung Süden.
Aryzta reagierten mit einer Achterbahnfahrt auf die am Morgen präsentierten Zahlen. Die Aktien des Backwaren-Konzerns büssten nach enttäuschenden Angaben zur Umsatzentwicklung im ersten Quartal 2016/17 zunächst mehr als 2% ein. Kommentare des Managements zum Ausblick wurden dann aber positiv aufgenommen und zogen die Aktie bis Handelsschluss auf +1,4% nach oben.
Nur noch Actelion (+3,0%) legten im SMI/SLI noch stärker zu und setzen damit die Steigerung der Vorwoche fort. Das Allschwiler Biopharmaunternehmen bestätigte am Freitag nachbörslich die vor einigen Tagen aufgekommenen Gerüchte, wonach der US-Konzern Johnson & Johnson hinsichtlich einer möglichen Übernahme Kontakt aufgenommen habe. Gewissheit, dass eine Transaktion zustande kommen wird, besteht derzeit aber noch nicht. Mit knappen Aufschlägen schlossen ansonsten noch Kühne+Nagel (+0,2%) und SGS (+0,4%).
Im breiten Markt büssten Sulzer 2,4% ein. Der Industriekonzern will den Pumpenhersteller Ensival Moret übernehmen. Nach der Ablehnung der Atomausstiegs-Initiative standen dagegen die Aktien von Energieunternehmen wie Alpiq (+3,0%) und weniger deutlich BKW (+0,7%) auf der Gewinnerseite.
Starke Avancen verbuchten erneut Meyer Burger (+31%). Bereits am Freitag waren die in der Vergangenheit arg gebeutelten Titel um über 20% in die Höhe geklettert, nachdem Gläubiger dem finanziell angeschlagenen Solarzulieferer in einem ersten Schritt den Weg für die geplante Rekapitalisierung frei gemacht hatten. Verglichen zum Tief am Donnerstag resultiert gar ein Plus von 73%. (awp/mc/upd/ps)