Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt ist am Mittwoch nach den grossen Rückschlägen an den beiden Vortagen mit festeren Notierungen in den Handel gestartet. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in der europäischen Schuldenkrise handle es sich wohl in erster Linie um eine technische Gegenreaktion, sagten Marktbeobachter. Der hiesige Aktienmarkt wird allerdings etwas von seinen defensiven Schwergewichten gebremst.
Im Fokus steht Marktteilnehmern zufolge das kurzfristig anberaumte EU-Krisentreffen in Cannes, nachdem Griechenlands Ministerpräsident Papandreou eine Volksabstimmung über das jüngst geschnürte Euro-Rettungspaket anberaumt und die Börsen weltweit auf Talfahrt geschickt hatte. Da das Votum erst Anfang Januar geplant sei, drohe die hohe Unsicherheit die Agenda auch in den nächsten zwei Monaten zu bestimmen, hiess es.
Der SMI gewinnt bis um 09.30 Uhr 0,32% auf 5’606,19 Punkte. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) steigt um 0,75% auf 851,51 und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,42% auf 5’098,87 Stellen.
Die gefallenen Engel vom Vortag, Finanzwerte und Zykliker, vollziehen heute die deutlichste Gegenbewegung. Allen voran Credit Suisse (+1,8%) hatten gestern nach Zahlen mehr als 10% eingebüsst. Heute haben bis dato die Deutsche Bank, Morgan Stanley und JP Morgan das Kursziel für die Grossbankenaktie gesenkt.
Die andere Grossbank UBS (Aktie +1,5%) kann vorerst aufatmen: Eine US-Bundesrichterin in Manhattan hat eine Klage des Fondsverwalters Irving Picard über 2 Mrd USD im Betrugsfall um Bernard Madoff abgewiesen. Der Liquidator des Madoff-Imperiums will jedoch die nächste Instanz anrufen.
Die Versicherer sehen die grössten Aufschläge bei Swiss Life (+1,9%), ZFS (+1,2%) und Swiss Re (+1,8%). Letztere werden am morgigen Donnerstag die Drittquartalszahlen zeigen. Analysten rechnen mit höheren Prämieneinnahmen und, dank dem Ausbleiben grosser Naturkatastrophen im Berichtsquartal, mit mehr Gewinn.
Die am Vortag geschundenen Zykliker legen ebenfalls deutlich zu. ABB steigen um 1,3%, Adecco um 1,0%, Holcim um 1,2% und Geberit um 1,1%. Letztere zeigen morgen ebenfalls die Zahlen zum dritten Quartal. Im Fokus der Investoren stehen der Einfluss der Rohmaterialpreise und des starken Franken im Fokus.
Der Warenprüfer SGS (Aktie +0,8%) übernimmt das US-amerikanische Unternehmen Pfinde. Das Unternehmen ist auf die Materialprüfung von Pipelines in den USA spezialisiert. Analysten sprechen von einer kleinen, aber für den US-Markt strategisch guten Akquisition.
Im Segment Luxusgüter rücken Swatch um 2,1% vor und Richemont gewinnen gar 2,7% auf 48,64 CHF. Die Analysten von Barclays Capital erwarten ein starkes Halbjahresergebnis von Richemont, es wird kommende Woche präsentiert, und haben ihr Kursziel um einen Franken auf 54 CHF erhöht. Das Rating bleibt bei «Equal Weight».
Die Index-Schwergewichte Nestlé (+0,2%), Roche (-0,8%) und Novartis (-0,9%) können – wie so oft in solchen Situationen – nicht von der etwas aufgehellten Stimmung und der Jagd nach Schnäppchen profitieren. Die hohe Gewichtung der drei Titel, sie bestreiten rund 56% der SMI-Kapitalisierung, lässt die hiesige Erholungsbewegung im europäischen Vergleich relativ mager aussehen.
Im Fokus stehen ferner die Papiere der Ölplattformbetreiberin Transocean, die sich um 1,3% verteuern. Deren Kampf mit dem Ölkonzern BP im Nachgang der Ölkatastrophe im Jahr 2010 ist in die nächste Runde gegangen. Transocean hat bei einem US-Gericht eine Eingabe eingereicht und will BP zwingen, Verpflichtungen nach der Katastrophe im Golf von Mexiko einzuhalten. Den Klauseln des Vertrags zufolge sei BP alleine verantwortlich für die immensen Schäden, argumentiert Transocean.
Im breiten Markt haben die Bauchemie- und Klebstoffherstellerin Sika (Aktie -0,9%) und der Raffinieriebetreiber Petroplus (-4,7%) Drittquartalzahlen vorgelegt. Beide Unternehmen haben die Schätzungen der Analysten zum Teil deutlich verfehlt. (awp/mc/pg)