CH-Schluss: Neue Tiefstände – Konjunktursorgen belasten
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag belastet von Sorgen um die Weltkonjunktur stark nachgegeben und neue Tiefstände seit Anfang Jahr erreicht. Die gesenkten Wachstumsprognosen der US-Notenbank Fed vom Mittwochabend und enttäuschende Daten aus der Eurozone belasteten die Börsen weltweit. Nach schlechten Daten vom US-Arbeitsmarkt rutschte der SMI am Nachmittag dann unter das bisherige Jahrestief bei 6’000 Punkten, das Mitte März nach der Erdbeben- und Atomkatastrophe in Japan erreicht worden war.
Zyklische Werte sowie Finanztitel erlitten an der Schweizer Börse die heftigsten Verluste, während die defensiven Titel geringere Abgaben hinnehmen mussten. Nachrichten von Unternehmensseite gab es dagegen kaum. Zu reden gab allerdings die Frankenstärke, die zu immer mehr Gewinnrevisionen durch Analysten führt. Der Euro sank im Tagesverlauf gegenüber der Schweizer Währung auf ein neues Allzeittief.
Der SMI schloss um 2,0% tiefer auf 5’991,09 Punkten, nachdem er zuvor das Jahrestief bei 5’961,95 Punkten erreicht hatte. Der 30 Titel umfassende Swiss Leader Index (SLI) verlor 2,34% auf 928,87 Zähler und der breite Swiss Performance Index (SPI) gab um 1,99% auf 5’510,97 Punkte nach.
Zu den stärksten Verlierern unter den Bluechips gehörten Clariant (-4,1%) und Lonza (-3,8%). Händler sahen insbesondere den Währungsdruck als Grund für die Abgaben. «Derzeit revidieren Analysten ihre Schätzungen aufgrund der Frankenstärke reihenweise», sagte ein Beobachter. Unter anderem senkte am Donnerstag die Bank Vontobel die Gewinnschätzungen und das Kursziel für Lonza deutlich, die holländische ING bewertete Clariant in einer Studie mit einem zurückhaltenden «Hold».
Heftige Abschläge mussten die Bankentitel im Einklang mit dem gesamten europäischen Bankensektor hinnehmen, obwohl die Schweizer Grossbanken bezüglich Schuldpapieren von gefährdeten Eurostaaten als wenig exponiert gelten. Dabei erlitten UBS mit einem Minus von 4,5,% die stärksten Abgaben unter den Bluechips, CS verloren 3,0%.
Julius Bär gaben 2,8% nach. Die Analysten von Goldman Sachs kürzten in einer Branchenstudie ihr Kursziel für den Vermögensverwalter wegen der Aktienmarktentwicklung und der Währungssituation zwar leicht, die Aktie verbleibt aber mit dem Rating «Buy» auf der «Focus List». Auch die im SPI notierten Valoren der Bank Sarasin (-5,2%) behalten ihr «Buy»-Rating, für Vontobel (-1,2%) und EFG (-5,4%) bleibt die Anlageempfehlung «Neutral».
Zu den starken Verlierern gehörten auch Sonova. Die Titel, die allerdings ex Dividende von 1,20 CHF gehandelt werden, gaben 3,6% oder 2,95 CHF nach. Belastet wurden die Titel nicht zuletzt von einer Studie von Morgan Stanley zum Medizinaltechniksektor, in welchem die Analysten den Sonova-Konkurrenten William Demant loben.
Belastet von einer negativen Analystenstudie wurden auch Holcim (-2,3%): Exane BNP Paribas hat ihre Anlageeinstufung für die Papiere des Zementkonzerns auf «Underperform» von bisher «Neutral» heruntergestuft. Holcim sehen sich zudem in den USA mit einer Klage wegen Umweltschutzgesetzen konfrontiert.
Swiss Re gaben 2,5% nach. Die Rückversicherungsgesellschaft hatte am Morgen den Kauf des Run-Off-Geschäfts der belgischen Ageas bekanntgegeben. Bei den übrigen Versicherern schlossen Swiss Life und ZFS je 2,5% im Minus.
Die Luxusgütertitel Swatch (-1,6%) und Richemont (-2,5%) beschlossen den Tag ebenfalls klar im Minus, nachdem sie am Vormittag noch von den guten Exportdaten der Schweizer Uhrenindustrie gestützt worden waren. Swatch wurden zudem von der französischen Investmentbank Cheuvreux in einer Studie positiv beurteilt und mit «Outperform» eingestuft.
Die geringsten Verluste unter den Bluechips erlitten die defensiven Schwergewichte Roche (-0,7%) sowie Nestlé (-1,3%). Auch Novartis geben mit -1,8% unter dem Marktdurchschnitt nach.
Am breiten Markt fielen Temenos (-4,3%) mit starken Abgaben auf. Der zuständige Analyst von Cheuvreux äusserte in einem Kommentar Zweifel daren, dass der Hersteller von Bankensoftware seine Jahresziele erreichen kann. Sein Anlagerating nahm er auf «Underperform» von zuvor «Outperform» zurück. Deutlich im Minus schlossen zudem Micronas (-8,5%), die damit die starken Gewinne des Vortages wieder abgaben. (awp/mc/ps)