CH-Schluss: Schwach – Anleihenrenditen im Fokus
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt stand am Donnerstag wie die anderen Börsenplätze weltweit im Würgegriff der europäischen Schuldenkrise. Die jüngste Versteigerung von richtungsweisenden zehnjährigen Staatsanleihen indizierte eine weitere Versteifung der Kreditkonditionen. So lag die durchschnittliche Rendite der spanischen Anleihen bei rekordhohen 6,975% und kam damit an das Niveau der Papiere aus Italien heran. Dies ist nach Einschätzung von Experten ein «dramatisches Ergebnis».
Doch nicht nur in der Euro-Peripherie wird es immer schwieriger, an neues Geld zu kommen. Auch die zweitgrösste Euro-Wirtschaft Frankreich hat deutlich höhere Zinsen für frisches Kapital zahlen müssen: Die Rendite einer fünfjährigen Anleihe stieg auf 2,81%, nach 2,31% bei einer vergleichbaren Auktion im Oktober. Am Nachmittag wurden in den USA zwar eher positive Makrodaten publiziert, diese konnten jedoch das negative Sentiment nicht beeindrucken. Nach Börsenschluss hält die UBS in New York ihren lange erwarteten Investorentag ab.
Der SMI schloss um 0,72% tiefer bei 5’644,62 Punkten. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) büsste um 1,10% auf 845,91 und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,74% auf 5’122,25 Zähler ein.
Ebenfalls keine Stütze erfuhr der hiesige Aktienmarkt von den Aussagen des neuen italienischen Premiers Mario Monti, welcher Reformen des italienischen Steuersystems sowie am Arbeitsmarkt ankündigte, um das Wachstum des südeuropäischen Landes zu steigern. Die Rating-Agentur Fitch äusserte sich derweil positiv über die angedeuteten Reformen.
Ganz am Ende der Bluechips-Tabelle rangierten Finanztitel, belastet von den Sorgen vor einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise: Credit Suisse verloren 1,5%, Julius Bär 2,1% und UBS gaben gar um 2,9% nach. Die UBS informierte nachbörslich am Investorentag in New York über die künftige Strategie.
Marktteilnehmer verwiesen zudem auf Äusserungen der Ratingagentur Fitch, die vor Risiken für die Kreditwürdigkeit der US-Banken wegen der Schuldenkrise in Europa warnte. Aufgeschreckt von Fitch sind gestern die US-Börsen in der letzten Handelsstunde steil auf Talfahrt gegangen.
Tiefer gehandelt wurden auch die Versicherer: ZFS büssten um 0,6% und Swiss Re um 3,0% ein. Immerhin hat der Abgabedruck in Bâloise (+0,2%) nachgelassen, welche als einziger Finanztitelleicht im Plus schlossen. Der Erstversicherer hatte am Vortag eine Gewinnwarnung aussprechen müssen – unter anderem wegen Wertberichtigungen auf griechischen Staatspapieren. Die Papiere der Basler verloren am Vortag knapp 4%.
Zyklische Werte schlossen ebenfalls mehrheitlich schwach: Allen voran büssten Clariant 2,9% ein. Richemont sanken um 1,7%, Holcim um 2,4% und ABB um 1,7%. Dem gegenüber gewannen SGS 1,1% und Kühne + Nagel 0,8%.
In dem von Vorsicht geprägten Umfeld hielten sich die defensiven Schwergewichte Roche (-0,1%) und Nestlé (+0,2%) besser als der Gesamtmarkt. Novartis (-0,6%) konnten sich hingegen dem schwachen Gesamttrend nicht entziehen.
Die Titel des Ölbohrkonzerns Transocean hielten sich mit -0,3% ebenfalls vergleichsweise gut, hatten jedoch die Gewinne aus dem frühen Geschäft nach Börseneröffnung in den USA preisgegeben. Hintergrund für die Stärke ist ein Erfolg im Rechtsstreit mit BP im Nachgang zum Unglück im Golf von Mexiko. Ein Gericht in New Orleans hat entschieden, dass BP keinen Anspruch auf eine von Transocean abgeschlossene Versicherungsdeckung von 750 Mio USD hat. BP wollte die Summe in den Fonds für die entstandenen Umweltschäden einfliessen lassen.
Im breiten Markt stachen Newron mit einem Kurssprung von 15,0% ins Auge. Der Pharmakonzern berichtete von einer «bedeutenden Anzahl» von Mitbewerbern, die an einer Übernahme des Leadprodukts Safinamide und gar des ganzen Unternehmen Interesse gezeigt hätten.
Die Papiere des Immobilienverwalters Züblin sanken nach Halbjahreszahlen um 1,4%. Der Reingewinn kletterte um 10% – trotz 14% geringeren Mieteinnahmen. Die mit Abstand grössten Verlierer waren derweil Swissmetal (-15,4%). (awp/mc/ps)