Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt hat zum Wochenanfang über Tagestief schwächer geschlossen. In der zweiten Handelshälfte habe die Skepsis über eine baldige Lösung der Euro-Schuldenkrise wieder die Oberhand gewonnen, hiess es im Handel. Daher seien Anleger vor dem Hintergrund der Avancen in den vergangenen drei Wochen teils zu Gewinnmitnahmen geschritten. In der ersten Handelsphase hatten noch Fortschritte zur Lösung der Eurokrise für überwiegend höhere Notierungen gesorgt.
Ein deutscher Regierungssprecher hat den Erwartungen über einen umfassenden Plan zur Beilegung der Schuldenkrise in der Eurozone laut Händlern einen Dämpfer versetzt. Die Bundesregierung rechnet beim Treffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs am kommenden Sonntag nämlich nicht mit dem grossen Befreiungsschlag. Kanzlerin Angela Merkel habe darauf verwiesen, dass Träume, am nächsten Montag werde mit dem Paket alles gelöst und alles vorbei sein, wieder nicht erfüllt würden. Man hoffe aber, an diesem Wochenende in Brüssel «ordentlich voranzukommen», so der Sprecher.
Der Swiss Market Index (SMI) schloss um 0,65% tiefer auf 5`723,41 Punkten. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) verlor um 0,73% auf 857,15 Punkte und der breite Swiss Performance Index (SPI) um 0,65% auf 5`180,62 Punkte.
An den wichtigsten europäischen Handelsplätzen gaben die Kurse teils noch etwas stärker nach.
Unter den SMI-/SLI-Titeln fielen im Zuge der gedämpften Hoffungen auf eine Lösung der Eurokrise vor allem Finanzvaloren und konjunktursensitive Werte durch grössere Verluste auf. Aus dem Finanzsektor erlitten so die Assekuranzwerte Swiss Life (-3,2%) grössere Einbussen. Die Branchennachbarn Bâloise (-1,9%), ZFS (-1,1%) und Swiss Re (-0,9%) verloren ebenfalls stärker als der Durchschnitt.
Bei den Bankenwerten gaben UBS (-1,9%) deutlich nach. Der Interims-CEO der Grossbank, Sergio Ermotti, sagte gegenüber der Wochenendpresse, dass er an den Investmentbank-Aktivitäten festhalten wolle. Credit Suisse (-0,5%) hielten sich besser. In diesen Titeln hat Nomura das Kursziel leicht nach unten angepasst, die Einstufung mit «Neutral» aber bestätigt. Knapp gehalten schlossen Julius Bär (-0,1%).
Ebenfalls grössere Einbussen erlitten unter den zyklischen Titeln Clariant (-3,3%), Logitech (-2,6%) und Adecco (-2,3%). Etwas weniger, aber immer noch überdurchschnittlich verloren Kühne+Nagel (-1,8%), Sonova (-1,5%), Syngenta (-1,5%) und Holcim (-1,2%). Kühne+Nagel hatte mit dem am Berichtstag vorgelegten Zwischenabschluss die Erwartungen leicht verfehlt. Jedoch habe der Logistikkonzern trotz nachlassender Marktdynamik sein Ergebnis halten können und somit das Marktwachstum erneut geschlagen, kommentieren Analysten.
Die Index-Schwergewichte Roche (-0,8%), Novartis (-0,7%) und Nestlé (-0,5%) entwickelten sich mehr oder weniger durchschnittlich. Bei Nestlé seien die jüngsten Entwicklungen um die L`Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt ohne grosse Auswirkungen geblieben, so Marktbeobachter. Roche hat Berichtstag ein Übernahmeangebot für die amerikanische Anadys für rund 230 Mio USD vorgelegt. Damit soll das HCV-Portfolio ergänzt werden. Novartis litt etwas unter der Herabstufung durch die Bank Vontobel auf «Hold» infolge der guten Performance in letzter Zeit.
Zu den wenigen Gewinnern zählten die konjunktursensitiven und auch volatilen Transocean (+3,7%). Weitere Gewinner waren Nobel Biocare (+0,7%) und – im Vorfeld der Publikation der Q3-Zahlen am kommenden Donnerstag – Actelion (+0,5%).
Im breiten Markt gab es mit die grössten Einbussen für die Papiere des Spitalkonzerns Genolier (-7,8%) und das Medtech-Unternehmen LifeWatch (-7,4%). Nach Börsenschluss gab LifeWatch noch den Abschluss eines Vertrages mit einem US-Krankenversicherer bekannt. Weitere grössere Verlierer waren Temenos (-7,1%).
Demgegenüber konnten im Zuge von Übernahmespekulationen die Pharmawerte Santhera (+12,6%) zulegen, Inficon (+8,9%) waren weitere grössere Gewinner. (awp/mc/ps)