CH-Schluss: Verluste ausgebaut
Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt ist am Donnerstagmorgen mit Verlusten in den Handel gestartet und hat diese bis zum Handelsschluss gar noch ausgebaut. Die europäische Schuldenkrise hält den Markt nach wie vor fest im Griff. Zudem lasteten aufkeimende Sorgen um eine mögliche Staatspleite in den USA auf den Aktienmärkten. Etwas Entlastung gab es phasenweise durch positive Konjunkturzahlen und die positive Eröffnung in den USA. Moody`s drohte den USA am Vorabend mit der Aberkennung der Bestnote «AAA» für ihre Staatsanleihen.
Zwar sei die Gefahr, dass die USA zumindest kurzfristig ihre Zinsen auf aufgenommene Schulden nicht mehr zahle könnte weiterhin gering, könne aber nicht mehr länger vernachlässigt werden, hiess es.
Belastet wurde der Markt zudem von Aussagen von US-Notenbankchef Ben Bernanke vor dem Senat. Er liess durchblicken, dass eine weitere Lockerung der Geldpolitik (quantitative easing) nicht zu erwarten sei.
Der SMI schloss um 0,73% tiefer auf 5`980,97 Punkten. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) büsste bis zum Schluss 1,04% auf 925,18 Zähler ein und der SPI sank um 0,82% auf 5`495,14 Punkte.
Anleger trennten sich aufgrund der zunehmenden Sorgen über die konjunkturelle Entwicklung von zyklischen Werten wie Adecco (-2,2%), Holcim (-2,0%) oder ABB (-1,9%). Aber auch die beiden Luxusgüterhersteller Swatch (-1,7% auf 424,70 CHF) und Richemont (-1,4%) verzeichnen deutlich Abgaben. Credit Suisse hatte das Kursziel für die Papiere von Swatch auf 480 CHF von bisher 500 CHF gesenkt.
Unter Abgabedruck standen angesichts der politisch schwierigen Lage bei der Lösung der Staatsverschuldung einiger europäischer Länder und den USA auch die Finanzwerte. Zudem nahm die Ratingagentur Fitch eine Rückstufung des Bonitätsratings für Griechenland vor. Die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds hätte noch kein umfassend finanziertes und glaubwürdiges zweites Hilfsprogramm aufgelegt. Dies belaste den gesamten Sektor, so ein Händler. Ein Analyst fügte hinzu, es sei eine politische Börse geworden und die Lage sei fundamental nicht mehr einschätzbar.
Bis zum Schluss verloren Julius Bär 1,4%, Credit Suisse 1,1% und UBS 0,9%. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass die Finanzinstitute die Sparschraube anziehen werden und schon bald Mitarbeiter entlassen werden dürften. Noch deutlichere Abgaben gab es bei Balôise 1,6%.
Am Tabellenende vom SMI/SLI gingen die Valoren von Weatherford (-3,5%) aus dem Handel. Das Unternehmen teilte mit, dass ein bestehender Konsortialkredit auf 2,25 Mrd von 1,75 Mrd USD erweiter wurde.
Kurszielsenkungen durch Unicredit belasteten zudem Clariant (-1,7%), Syngenta (-1,2%) und Givaudan (-0,4%). Givaudan bekräftigte derweil in einem Zeitungsinterview die Fünfjahresziele. JPMorgan hatte zudem das Kursziel für die Aktien von Kühne+Nagel (-0,6%) reduziert. SGS sanken um Vorfeld der Zahlenpublikation vom Freitag um 1,3%.
Unterstützung erhielt der SMI vom Schwergewicht Nestlé (+0,3%). Der Nahrungsmittelkonzern gab den Kauf eines Minderheitsanteils an der neuseeländischen Vital Foods bekannt.
Erste Halbjahresergebnisse bewegten einzelne Titel aus der zweiten Reihe. Der Vermögensverwalter Partners Group (unv.) nahm im ersten Halbjahr Neugelder von 2,1 Mrd EUR entgegen, womit sich die Kundennachfrage gleich hoch wie im ersten Semester des Vorjahres präsentiert. Die ZKB hob hervor, dass das grösste Geschäftsfeld Private Equity erwartungsgemäss ein solides Wachstum verzeichnet hat. Der Neugeldzufluss fiel hingegen etwas unter ihren Erwartungen aus, lag aber im Rahmen des Konsens.
Die Hypothekarbank Lenzburg (-0,5%) verdiente hingegen im ersten Halbjahr weniger als im Vorjahr. Die Bellevue Group (-4,7%) teilte mit, dass sie für das erste Halbjahr mit einem konsolidierten Konzernverlust von rund 54 Mio CHF rechnet.
Der Medizinaltechnikkonzern Ypsomed (+1,1) sieht sich beim Transformationsprozess «on track». Die Frankenstärke dürfte jedoch vor allem beim Umsatz ihre Spuren hinterlassen, erklärte CEO Richard Fritschi im Interview mit AWP. (awp/mc/ps)