Zürich – An der Schweizer Börse haben am Donnerstag Furcht und Verunsicherung dominiert und für deutlich tiefere Kurse gesorgt. Zum Schluss grenzte der Markt aber die Verluste wieder etwas ein. Die anhaltend steigenden Infektionszahlen mit dem Corona-Virus schürten die Angst vor einer zweiten Welle und einer neuerlichen Beschränkung der Mobilität. Zudem verhiessen der massive Einbruch der Wirtschaftsleistung der USA und Deutschlands im zweiten Quartal wenig Gutes, hiess es am Markt. Ausserdem verunsicherte Donald Trump mit einem Tweet wieder einmal die Märkte. Der US-Präsident stellte eine Verschiebung der Präsidentenwahlen in den Raum.
Hinzu kam eine Reihe von ernüchternden Halbjahresberichten und Konjunkturdaten. Dabei hatte die US-Notenbank Fed am Vorabend die Märkte noch beruhigt, indem sie ihren aktuellen Kurs bestätigte. Allerdings schwor Fed-Chef Jerome Powell die Marktteilnehmer darauf ein, dass die weitere wirtschaftliche Entwicklung unsicher sei und vor allem von der Entwicklung der Pandemie abhänge. In dieser Gemengelage habe es keine guten Gründe gegeben, die für einen Kauf von Aktien gesprochen hätten, meinte ein Händler.
Der SMI schloss zwar um 1,73 Prozent tiefer auf 10’095,34 Punkten, dies ist aber klar über dem Tagestief von 10’007,85 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Werte enthalten sind, verlor 1,93 Prozent auf 1’529,66 und der breit gefasste SPI 1,55 Prozent auf 12’526,27 Zähler. Von den 30 SLI-Werten waren 27 tiefer, zwei höher und Swatch unverändert.
Im Fokus standen Clariant, Credit Suisse, LafargeHolcim und Nestlé, die ihre Zwischenberichte vorgelegt hatten. Dabei taten sich die Anleger schwer mit der Interpretation der Zahlen, wie die schwankenden Aktienkurse zeigten. Letztlich gaben aber alle vier Titel nach.
Dabei «erwischte» es LafargeHolcim (-2,6%) trotz der besser als erwartet taxierten Bilanz am stärksten. Händler erklärten dies unter anderem mit Konjunktursorgen und dem schwachen Abschneiden von Rivale HeidelbergCement.
Clariant (-0,9%) rutschten erst im Späthandel im Sog der schwachen Eröffnung an der Wall Street ins Minus. Zunächst äusserten sich die Analysten vor allem über das Betriebsergebnis positiv. Zudem enthalte der Titel viel Fusions- und Übernahmefantasie, hiess es.
Ähnliches galt für Nestlé (-0,7). Der Nahrungsmittelmulti habe die Erwartungen geschlagen, aber die Wachstumsguidance für 2020 gesenkt, monierten Händler. Zunächst hiess es noch, der Marktführer habe sich besser als die Konkurrenten geschlagen, was der Aktie zusammen mit der M&A-Fantasie Unterstützung gab.
Die Anteilsscheine der Credit Suisse (-1,6%) rutschten im Verlauf zusehends ab. Die Grossbank hat im zweiten Quartal trotz Coronakrise die Markterwartungen übertroffen. Der seit Februar amtierende Konzernchef Thomas Gottstein hat der Bank eine Reorganisation verordnet.
Wie üblich machten die Aussicht auf weiterhin tiefe Zinsen und die Konjunktursorgen den Finanz- und zyklischen Werten am meisten zu schaffen. Daher sackten die Versicherer Swiss Re (-4,4%), Zurich (-3,8%) und Swiss Life (-3,8%) markant ab. Bei Swiss Re könnte das am Freitag anstehende Zwischenergebnis zusätzlich Abgaben ausgelöst haben, hiess es am Markt.
Starke Abschläge gab es zudem bei AMS (-3,4%).
Die Banken Julius Bär (-2,9%) und UBS (-2,3%) mussten genauso Federn lassen wie Temenos (-3,1%), Sika (-2,6%) oder Adecco (-2,5%).
Am besten schlugen sich bei den Blue chips Schindler PS (+0,3%) und Logitech (+0,3%), die beide seit einiger Zeit «einen guten Lauf hätten», wie ein Händler sagte.
Die als defensiv geltenden Pharmaschwergewichte Novartis (-1,0%) und Roche (-2,2%) sowie Swisscom (-1,3%) blieben ebenfalls nicht von Abgaben verschont.
Am breiten Markt gerieten Kardex (-3,0%) und Komax (-1,5%) nach den Halljahreszahlen unter Druck. Dagegen legten Bucher nach Bilanzvorlage 1,2 Prozent zu. (awp/mc/pg)