Zürich – Die Schweizer Börse tendiert am Donnerstagmittag mit schwächerer Tendenz und befindet sich damit weiterhin fest im Griff der europäischen Schuldenkrise. «Es ist eine politische Börse geworden und die Lage ist fundamental nicht mehr einschätzbar», kommentiert ein Analyst die Lage am Aktienmarkt. Die zwischenzeitlichen Erholungen, denen dann stets wieder ein Rückschlag folge, seien «lediglich Geplänkel», so der Experte. Nun blickten alle auf den wahrscheinlich kommenden Montag stattfindenden Sondergipfel der 17 Euro-Staats- und Regierungschefs. «Wir wissen aber nicht, was in den Politikerköpfen vorgeht.»
Bis um 12.15 Uhr sinkt der SMI um 0,77% auf 5`979,02 Zähler. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) gibt um 1,07% auf 924,98 Stellen und der breite Gesamtmarkt (SPI) um 0,87% auf 5`492,30 Punkte nach.
Finanzwerte zählen mit zu den grössten Verlierern. Börsianer verweisen auf die Ratingagentur Moody`s. Diese hatte am Vorabend mitgeteilt, das erstklassige «Aaa»-Rating der USA auf «Review» zu setzen – eine Herabstufung wird also geprüft. Ausschlaggebend für die Warnung ist der politische Streit um die Anhebung der Schuldengrenze. Zudem stufte Fitch die Kreditwürdigkeit Griechenlands gleich um drei Stufen herab auf «CCC». Das belaste den gesamten Finanzsektor, kommentiert ein Händler.
UBS (-1,8%) und CS (-1,5%) sinken ebenso wie Julius Bär (-1,8%). Die Schweizer Grossbanken müssen offenbar im grossen Stil sparen. Immer mehr zeichnet sich ab, dass die beiden Institute die Sparschraube anziehen werden und schon bald Hunderte oder Tausende Mitarbeitende entlassen werden. Hauptgründe für die verschärften Sparanstrengungen sind vor allem das flaue Geschäft an der Börse mit sinkenden Erträgen und der starke Schweizer Franken, der die Kosten erhöht. Nach unten geht es bei auch bei den Versicherungswerten ZFS (-1,1%) und Swiss Re (-0,5%).
Die Titel von konjunktursensitiven Unternehmen finden wenig Anklang bei den Investoren. Holcim (-1,5%) und ABB (-1,4%) rutschen weiter ins Minus. Die Pharmawerte Roche (-0,9%) und Novartis (-0,9%) geben ebenso nach.
Syngenta (-0,5%), Givaudan (-0,7%) und Clariant (-1,1%) sind alle von Kurszielsenkungen der UniCredit betroffen. Der Aromen- und Riechstoffkonzern Givaudan bekräftigte derweil sein Fünfjahresziel in einem Zeitungsinterview. Im Vorfeld der Halbjahreszahlen-Präsentation senken zudem die Analysten von JPMorgan das Kursziel für den Logistikdienstleister Kühne + Nagel (-0,5%).
Die traditionell volatilen Weatherford (-1,9%) stehen ebenso wie Transocean (-1,6%) deutlich unter Verkaufsdruck.
Nestlé (+0,4%) präsentieren sich dagegen besser als der Index. Der Nahrungsmittel-Hersteller kauft einen Minderheitsanteil an der neuseeländischen Gesellschaft Vital Foods. Kursgewinne bei den Blue Chips lediglich noch Lonza (+0,2%) und Nobel Biocare (+0,1%).
In der zweiten Reihe rechnet Bellevue Group (-3,0%) für das erste Halbjahr mit einem konsolidierten Konzernverlust von rund 54 Mio CHF. Der Vermögensverwalter Partners Group (unv.) nahm im ersten Halbjahr Neugelder von 2,1 Mrd EUR entgegen, womit sich die Kundennachfrage gleich hoch wie im ersten Semester des Vorjahres präsentiert. Die ZKB hebt hervor, dass das grösste Geschäftsfeld Private Equity erwartungsgemäss ein solides Wachstum verzeichnet hat. Der Neugeldzuwachs lag gemäss der ZKB etwas unter ihren Erwartungen, aber im Rahmen des Konsens. Die Hypothekarbank Lenzburg (+1,0%) verdiente hingegen im ersten Halbjahr weniger als im Vorjahr.
Kräftig im Plus stehen Absolute Private Equity (+6,7% auf 18,40 CHF), die damit nahezu auf den Angebotspreis von 18,50 CHF steigen, den HarbourVest am Berichtstag erhöht hat.
Der Medizinaltechnikkonzern Ypsomed (Aktie unv.) sieht sich beim Transformationsprozess «on Track». Auch die Lancierung neuer Produkte verläuft zur Zufriedenheit der Burgdorfer. Die Frankenstärke dürfte jedoch vor allem beim Umsatz ihre Spuren hinterlassen, erklärte CEO Richard Fritschi im Interview mit AWP. (awp/mc/ps)