Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt steht am Donnerstag gehörig unter Druck. Der Leitindex SMI hat den Handel bereits mit deutlichen Kursabschlägen aufgenommen und die Verluste in der Folge noch ausgeweitet. Am Markt werden die Abschläge mit Konjunktursorgen begründet, nachdem die US-Notenbank Fed mit «signifikanten Abwärtsrisiken» für die US-Konjunktur rechnet. Nebst den Fed-Aussagen belasten aber auch Ratingabstufungen bei sieben italienischen Banken durch Standard & Poor’s und Aussagen der Agentur Moody’s zum US-Bankensektor. Die Unsicherheiten der Anleger zeigten sich in der hohen Volatilität (Volatilitätsindex VSMI: +10%), so ein Händler. Daher würden Anleger zuletzt erzielte Gewinne mitnehmen.
Die US-Währungshüter hatten wie erwartet den Leitzins unverändert belassen und die Umschichtung der Anleihenbestände von kurz- in langfristig laufende Titel angekündigt. Die 400-Mrd-schwere Umschichtung soll die US-Wirtschaft gestützt werden. Allerdings wird in Expertenkreisen bezweifelt, dass das Programm die US-Wirtschaft nachhaltig stimulieren wird. In der zweiten Handelshälfte könnten etwa die Daten zu den Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe oder die Frühindikatoren August neue Hinweise über die Lage in den USA geben.
Bis um 12.05 Uhr verliert der SMI um 2,41% auf 5’343,20 Punkte und steht damit nahe am Tagestiefstwert von 5’320 Stellen. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) sinkt um 3,13% auf 796,04 Zähler und der Swiss Performance Index (SPI) um 2,45% auf 4’863,84 Punkte.
Derweil schwächt sich der Schweizer Franken weiter ab. Der US-Dollar hat am Donnerstag zum Franken erstmals seit April die Marke von 0,90 überschritten und kostet derzeit sogar 0,9146 CHF. Der Euro notiert auf 1,2321 CHF.
Die Verlierer im Blue-Chips-Segment werden weiterhin von Logitech angeführt, die um 11,4% nachgeben. Der Computer-Zubehörhersteller musste nach nicht einmal zwei Monaten den Ausblick für das Gesamtjahr 2011/12 ein weiteres Mal reduzieren. Begründet wird die Anpassung mit der schwierigen konjunkturellen Lage in Europa und den USA. Besonders enttäuscht habe die deutlich gesenkte EBIT-Prognose, meinen Marktbeobachter. Nun bleibe zu hoffen, dass die für die zweite Hälfte des Geschäftsjahres und für 2012/13 versprochenen Fortschritte tatsächlich eintreten würden.
Während Logitech über den Tiefstwerten aus dem frühen Geschäft liegen, hat sich die Abwärtsbewegung bei den meisten anderen Aktien verstärkt. Grosse Abgaben verzeichnen etwa Zykliker wie Richemont (-6,2%), Adecco (-5,7%) oder Swatch Group (-5,2%).
Syngenta verbilligen sich um 4,7%. Die Citigroup hat die Einschätzung für die Papiere des Agrochemiekonzerns auf «Hold» von bisher «Buy» herabgestuft. Die Analysten bezeichnen die Bewertung von Syngenta als «fair». Ausserdem machten dem Unternehmen die Frankenstärke, höhere Rohmaterialkosten sowie der allgemeine Trend zur Inflation zu schaffen. Schindler PS verlieren 3,7%, wobei hier eine Rückstufung durch die Analysten der CS auf den Kurs drücken dürfte.
Auch bei Bankaktien hat sich der Abgabedruck erhöht. Credit Suisse verlieren nun bereits 4,3%, UBS 3,3% und Julius Bär 4,2%. Im Finanzsektor geben zudem Versicherer wie ZFS (-3,4%) oder Swiss Re (-4,5%) ebenfalls stark nach.
Die gesenkten Einschätzungen für die Kreditwürdigkeit von italienischen Banken dürften das Sentiment im Bankensektor belasten, ausserdem hält Moody’s Pleiten von grossen US-Banken für wahrscheinlich. Über die Verhandlungen um eine Beilegung des Steuerstreits mit den USA sickern in den Medien nach und nach brisante Details durch. Offenbar müssen die betroffenen Schweizer Banken Daten von Konti mit einem Betrag von über 50’000 CHF liefern, was klar unter der meldepflichtigen Summe aus dem UBS-Abkommen liegen würde.
Die Index-Schwergewichte Nestlé und Novartis (je -1,2%) verlieren weiterhin unterdurchschnittlich an Wert, Roche geben um 2,1% nach. JP Morgan hat das Rating für die Nestlé-Titel auf «Overweight» von bisher «Neutral» angehoben. Die wachsenden Kaffeemärkte in Europa dürften bald einen starken Anstieg ihrer Aktivitäten erleben, wovon die Marke Nespresso profitieren könne, heisst es im Kommentar.
Am breiten Markt musste die Liechtensteinische Landesbank eine Wertberichtigung und entsprechend eine Gewinnwarnung melden. Die Aktien büssen nun um 9,4% ein. Aryzta verlieren 1,4%. Die im Agrarbereich tätige, irische Gesellschaft Origin, an der Aryzta mehr als 70% hält, hat Analysten zufolge über Erwarten gute Zahlen für das Geschäftsjahr 2010/11 vorgelegt. (awp/mc/ps)