CH-Verlauf: Starke technische Erholung
Zürich (awp) – Der Schweizer Aktienmarkt hat von der SNB unterstützt zu einer starken technischen Erholung ausgeholt. Der Leitindex SMI setzte nach einer Stunde im Anschluss an die Ankündigung der SNB, einen Mindestkurs des Schweizer Frankens zum Euro zu definieren, zu einem Kurssprung an, der kurzfristig sogar über die Marke von 5’400 Punkte führte. Der Franken schwächte sich dabei deutlich ab und der Euro kostet seither mehr als 1,20 CHF.
Am Nachmittag startet die Wall Street nach der feiertagsbedingten Pause in die neue Börsenwoche und könnte dem Handel weitere Impulse verleihen.
Bis um 12.05 Uhr notiert der Leitindex SMI um 4,53% höher auf 5’376,19 (Tageshöchst: 5’415) Punkte. Der 30 Titel umfassende, um die Gewichtung gekappte Swiss Leader Index (SLI) gewinnt 4,67% auf 801,32 und der Swiss Performance Index (SPI) 4,41% auf 4’897,71 Zähler.
Die SNB hat für den Euro-Franken-Kurs einen Mindestwert von 1,20 gesetzt und will diesen unter allen Umständen verteidigen. Im Handel sprach man von einem mutigen Entscheid, der Spekulanten zumindest vorübergehend «das Genick breche». Die Ankündigung sei nach dem gestrigen Ausverkauf eine willkommene Nachricht, täusche aber nicht darüber hinweg, dass sich an der Situation mit den Schuldenproblemen in der Eurozone und den USA nichts geändert habe. Der Mindestkurs der SNB werde am Markt sicherlich getestet, so der Händler. Nun warte man mit Spannung auf Aussagen aus dem am Freitag stattfindenden Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der G7-Staaten.
Im Zuge der SNB-Ankündigung hat sich der Franken abgeschwächt. Der Euro kletterte von unter 1,11 im frühen Geschäft auf über 1,20 und kostet derzeit 1,2039 CHF. Der Dollar steht bei 0,8490 CHF nachdem er zuvor noch weniger als 0,79 gekostet hatte.
Bei den Aktien legen konjunktursensitive Titel, die von der Währungskursentwicklung besonders abhängig sind, stark zu. So steigen Clariant um 5,8% und können so einen Teil der gestrigen Verluste von über 16% wieder gut machen. Der Spezialitätenchemiekonzern hatte am Montag just wegen der Frankenstärke eine Gewinnwarnung aussprechen müssen.
Aber auch Richemont (+5,1%) und Swatch (+4,5%) stehen weit vorne. Schliesslich fallen ein Grossteil der Kosten in der Uhrenproduktion in der Schweiz an, während diese Güter ins Ausland exportiert werden. Die Ratingabstufung der Bank Barclays für die beiden Titel – notabene auch aufgrund der Frankenstärke vorgenommen – rückt etwas in den Hintergrund.
An der Spitze des SMI/SLI liegen die im Ölgeschäft tätigen Transocean (+9,2%) und Weatherford (+8,6%). Ausserdem gewinnen andere Zykliker wie ABB (+5,2%), Adecco (+5,5%), Givaudan (+5,4%) oder Lonza (+5,2%) ebenfalls massiv.
Auch die Index-Schwergewichte Novartis (+5,4%), Roche (+4,2%) und Nestlé (+4,1%) sind Teil der kräftigen Erholung. Roche hat mit der deutschen Evotec eine Vereinbarung zur Arzneimittelentwicklung gegen die Alzheimer-Erkrankung abgeschlossen. Die beiden Unternehmen spannen bei der Entwicklung und Kommerzialisierung des Evotec-Medikaments MAO-B-Inhibitor zusammen.
Bei den Bankentiteln erholen sich UBS mit +4,4%, Julius Bär mit +4,2% oder CS mit +3,3%. Allerdings bleibt der Steuerstreit mit den USA im Fokus. Die US-Behörden wollen detaillierte Zahlen zu den möglichen Steuerhinterziehern einverlangen und haben auf heute ein Ultimatum gestellt, dass sich gegen die CS und andere Banken richtet.
Gemäss einem Pressebericht wird Staatssektretär Michael Ambühl das amerikanische Ultimatum «teilweise erfüllen». Es sollen den US-Steuerbehörden Daten über die Grössenordnung der in der Schweiz lagernden US-Vermögen und auch Angaben über die Anzahl Konten, die von US-Bürgern in der Schweiz gehalten werden, geliefert werden.
Am Tabellenende im SMI/SLI stehen derzeit Swisscom (+1,6%), Swiss Re (+1,9%) oder Bâloise (+1,9%).
Im breiten Markt haben die Messebetreiberin MCH Group, der Elektroinstallateur Burkhalter und der Vermögensverwalter Partners Group die Zahlen für das erste Halbjahr vorgelegt. Dabei verfehlte Partners Group die Vorgaben der Analysten klar, die Aktien steigen entsprechend unterdurchschnittlich um 0,6%. Burkhalter gewinnen 1,5%, während MCH mit der Aussicht auf einen Verlust im zweiten Halbjahr 0,4% verlieren. (awp/mc/pg)