Zürich – Der Schweizer Aktienmarkt notiert am Freitag zur Mittagszeit weiter deutlich in den roten Zahlen, hat sich aber vom Tiefststand in der ersten halben Stunde deutlich erholt. US-Notenbankchef Ben Bernanke habe am Vortag Anleger, die auf neue Unterstützung von der Notenbank für die US-Wirtschaft gesetzt hätten, enttäuscht; dies wirke auch heute noch etwas nach, hiess es. Zudem seien die Anleger vor den Ergebnissen des jüngsten Stresstests für europäische Banken nervös, sagte ein Händler.
Weiteres Ungemach droht den USA erneut von Seiten der Ratingagenturen. Standard & Poors drohte wie bereits Moody`s mit einer Rückstufung der Bonitätsbewertung für die Schuldpapiere der USA und verwies dabei ebenfalls auf die stockenden Verhandlungen zwischen Präsident Obama und den Republikanern bezüglich eine höhere Schuldenobergrenze. Sollte sich keine nachhaltige Lösung abzeichnen, will S&P das Rating innerhalb der nächsten drei Monate herabstufen. Für etwas Bewegung an den Aktienmärkten könnten am Nachmittag noch diverse US-Makrodaten sorgen, heisst es.
Bis zum 12.00 Uhr verliert der SMI 0,68% auf 5`940,53 Punkte. Der 30 Titel umfassende, gekappte Swiss Leader Index (SLI) gibt derweil um 0,92% auf 916,65 Zähler nach und der SPI um 0,69% auf 5`457,48 Stellen.
SGS (-6,0%) hat vorbörslich als erster Blue Chip die Zahlen zum ersten Semester vorgelegt und dabei die Erwartungen des Marktes enttäuscht. Zu Handelsbeginn verloren die Titel beinahe 9%. Analysten kritisieren insbesondere die erzielten Margen.
Die meisten Finanztitel bleiben angesichts der schwierigen finanziellen Lagen einzelner Staaten unter Abgabedruck. Barclays hat zudem das Kursziel für UBS (-1,4%), Credit Suisse (-1,2%) und Julius Bär (+0,1%) reduziert. Die britische Bank verweist dabei auf die jüngsten Währungsbewegungen und die geringere Kundenaktivität im Investment Banking und der Vermögensverwaltung. Die Probleme seien zwar nicht neu, gingen aber wohl weiter als am Markt derzeit erwartet werde.
Credit Suisse ist im Visier amerikanischer Behörden. Es geht um eine branchenweite Untersuchung der US-Behörden zum grenzüberschreitenden Vermögensverwaltungsdienstleistungen für US-Personen in der Vergangenheit. Auch in Deutschland gehen die Steuerermittlungen durch die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft weiter. Der Tatverdacht habe sich in keinem Fall abgeschwächt, wurde ein Behördensprecher zitiert.
Neben den Banken sind aber auch die Versicherer im Minus. Swiss Re verlieren 1,8%, Swiss Life 1,7% und Balôise 1,4%. Zyklische Werte wie Logitech (-2,6%) oder ABB (-1,9%) landen ebenso auf dem Angebotstisch.
Die Analysten der Deutschen Bank haben ihre Schätzungen zu die Luxusgüterhersteller Richemont (-1,7%) und Swatch (-0,5%) überarbeitet. Bei Richemont sieht die Bank dunkle Wolken aufziehen. Sie verweist auf die höhere Anfälligkeit bei einem konjunkturellen Einbruch und die Wechselkurse. Die Analysten senken deshalb ihr Rating auf «Hold» und das Kursziel auf 59 von 63 CHF. Währungsaufwertungen würden bei Swatch hingegen das starke Wachstum nicht verderben, auch wenn kurzfristig etwas Gegenwind aufkommen könne.
Aufschläge sind indes bei Roche (+0,5%) zusehen. Der Pharmakonzern hat mit dem Medikament Pertuzumab bei der Behandlung von Brustkrebs in einer Phase-III-Studie seine Ziele erreicht. Noch in diesem Jahr sollen die Studienergebnisse den Gesundheitsbehörden weltweit zur Zulassung vorgelegt werden. Barclays hat zudem im Vorfeld der Halbjahreszahlen das Kursziel auf 158 von 154 CHF erhöht. Novartis verlieren 0,3%.
In der zweiten Reihe sorgt Temenos (-18,1%) für Aufregung. Der Bankensoftware-Hersteller hat eine Umsatzwarnung veröffentlicht. Neu wird mit Lizenzeinnahmen im Rahmen von 176 bis 184 Mio USD gerechnet, bisher lag die Erwartung bei 197 bis 205 Mio. Analysten zeigen sich aber nicht allzu besorgt. Es sehe so aus, als ob derzeit die Banken damit beschäftig seien, die neuen Regularien durchzusetzen und daher nicht in der Stimmung für neue Software-Lösungen seien, sagte einer.
EMS-Chemie (+0,8%) haben mit ihren Halbjahreszahlen überzeugt. Trotz kräftigem Gegenwind von der Währungsfront vermochte die Gesellschaft den Umsatz zu steigern und legte ein im Urteil der Analysten solides Ergebnis vor. Bei der Zuger Kantonalbank (+0,1%) fiel das Ergebnis aufgrund der schwieriger gewordenen Bedingungen tiefer als im Vorjahr aus. (awp/mc/ps)