Peking – Die ungewohnte und ausgeprägte Schwäche des Yuan setzt sich mit erhöhtem Tempo fort. Am Freitag gab die chinesische Landeswährung zum amerikanischen Dollar zeitweise um 0,85 Prozent nach. Das war der grösste Rücksetzer im Tagesgeschäft seit sieben Jahren. Zuletzt erholte sich der Renminbi, wie der Yuan auch genannt wird, wieder etwas. Er notierte mit 6,1498 Yuan je Dollar 0,35 Prozent schwächer als am Donnerstag.
Über die Gründe der seit Mitte Februar währenden Schwächephase gibt es unter Analysten verschiedene Ansichten. Die Mehrheitsmeinung lautet, dass es sich um eine von der chinesischen Notenbank gewollte Abwertung handele. Dafür spricht, dass der Yuan-Kurs faktisch an den Dollar gebunden ist. Die Zentralbank setzt täglich einen Mittelkurs fest, um den der Yuan nach oben wie nach unten um je ein Prozent schwanken darf.
Gewollte Abwertung
Die meisten Beobachter argumentieren, mit dem Abwertungskurs wolle die Notenbank demonstrieren, dass die stetige Aufwertung des Yuan in den letzten Jahren kein Automatismus sei. Damit könnte eine Erweiterung der Handelsspanne von ein auf beispielsweise zwei Prozent vorbereiten werden. Das staatliche Devisenamt SAFE hat ein solches Motiv in dieser Woche angedeutet, die Notenbank hat den Schritt bereits in Aussicht gestellt.
Es gibt aber auch andere Meinungen: «Dass China – trotz dem dauerhaften Problem heimischer Überinvestitionen – ein attraktiver Standort für ausländisches Kapital ist, ist nicht in Stein gemeisselt», schreibt Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisenanalyse bei der Commerzbank. Worauf Leuchtmann anspielt sind die vielfachen Risiken, die in der zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt schlummern und für einen schwächeren Yuan sprechen. Die Gefahren reichen vom heissgelaufenen Immobilienmarkt über die überwiegend unkontrollierten Schattenbanken bis hin zur hohen Verschuldung der kommunalen Haushalte.
Mit der überraschenden Beschleunigung der seit zwei Wochen anhaltenden Yuan-Schwäche wolle die Notenbank die Spekulanten verschrecken, die auf weitere Aufwertung setzten, vermuten Experten. Der ständige Wertzuwachs hatte viel «heisses Geld» an den Kapitalkontrollen vorbei nach China fliessen lassen. Das erschwert die Bemühungen der Zentralbank, die Risiken durch den aufgeblähten Immobilienmarkt, das starke Kreditwachstum und das unkontrollierte Schattenbankenwesen einzudämmen.
Grössere, marktorientierte Flexibilisierung angestrebt
Händler berichteten, dass die Zentralbank über grosse chinesische Staatsbanken amerikanische Dollar aufkaufe und Yuan verkaufe, um den Kurs zu drücken. Experten gingen davon aus, dass die Notenbank den Markt auch auf eine Erweiterung der Handelsspanne für den Yuan und damit eine weitere Liberalisierung vorbereiten könnte.
Eine grössere, marktorientierte Flexibilisierung der chinesischen Währung könnte Teil der Bemühungen sein, eine weitere Internationalisierung des Yuan zu erreichen. Der Renminbi, wie der Yuan auch genannt wird, wird immer häufiger als Handelswährung für chinesische Exportgeschäfte eingesetzt. Zuletzt gab es Spekulationen, dass eine Ausweitung der Handelsspanne auf vielleicht zwei Prozent schon bald erfolgen könnte.
Am nächsten Mittwoch beginnt in Peking die Jahrestagung des Volkskongresses, auf der der neue Regierungschef Li Keqiang in seinem Rechenschaftsbericht seine Wirtschaftspolitik vorstellen wird. Chinas neue Führer wollen den Marktkräften eine grössere Rolle einräumen.
Ein schwächerer Yuan würde auch Chinas Exportindustrie helfen, die unter der geringen weltweiten Nachfrage durch die Finanz- und Schuldenkrise seit 2008 leidet. Wegen des hohen US-Handelsdefizits mit China gibt es den Ruf in den USA nach einer weiteren Aufwertung des Yuan. Chinesische Verantwortliche kontern, der Yuan sei seit der Aufhebung der festen Bindung an den Dollar 2005 bereits um rund 30 Prozent gestiegen und auf einem marktgerechten Niveau angelangt.
Devisenfachmann Harwig Wild von der Privatbank Metzler schrieb in einem Kommentar, die Notenbank wolle den hohen Kapitalzuflüssen nach China, die als Quelle zahlreicher Risiken etwa im Immobilienmarkt gelten, einen Riegel vorschieben. Mit dem Abwertungskurs werde demonstriert, dass die stetige Aufwertung des Yuan kein Automatismus sei. Auch lokale chinesische Stellen hatten auf einen stärker werdenden Yuan spekuliert, was Peking eindämmen will.
Hausgemachte Probleme
Einige führen die Yuan-Schwäche auch auf hausgemachte Probleme zurück: «Dass China – trotz des dauerhaften Problems heimischer Überinvestitionen – ein attraktiver Standort für ausländisches Kapital ist, ist nicht in Stein gemeisselt», schrieb Ulrich Leuchtmann, Leiter der Devisenanalyse der Commerzbank . Er spielte auf Instabilität durch Schuldenberge lokaler Regierungen, den grauen Finanzmarkt und andere Risiken an, die in der zweitgrössten Volkswirtschaft schlummern und für einen schwächeren Yuan sprechen./(awp/mc/cs)