Paris – Die meisten europäischen Aktienbörsen haben am Donnerstag ihre anfänglichen Gewinne nicht halten können. Belastet von der Absage von Finanzminister Wolfgang Schäuble, dem EU-Sorgenkind Griechenland mehr Zeit zur Erfüllung der Sparauflagen zu geben, knickten die Märkte ein. Die negativen Vorgaben von den US-Börsen taten dabei ihr Übriges. Am Ende schloss der EuroStoxx 50 0,96 Prozent leichter bei 2.429,17 Punkten. Der Cac 40 in Paris verlor 0,84 Prozent auf 3.432,56 Punkte. Einzig in London brachte der FTSE 100 noch ein hauchdünnes Plus von 0,04 Prozent auf 5.776,60 Punkte ins Ziel.
Die Anleger stellten sich derzeit auf ein vergleichsweise schwaches Wachstum in der Eurozone und weiteren Gegenwind bei der Lösung der EU-Schuldenkrise ein, sagte Marktstratege Ishaq Siddiqi von ETX Capital. Schäuble hatte zuvor in einem Interview mit dem Südwestrundfunk gesagt, dass mehr Zeit für Griechenland keine Lösung der Probleme sei. Die Euro-Zone sei bei dem im vergangenen Jahr mit Athen ausgehandelten Hilfs- und Reformpaket «an die Grenze dessen gegangen, was irgendwie wirtschaftlich vertretbar» sei.
Am Morgen war der Leitindex der Euro-Zone noch um mehr als ein Prozent bis auf 2.477 Punkte geklettert. Die anfängliche Rally stützte sich Händlern zufolge auf Spekulationen über eine US-Politik des noch billigeren Geldes. Laut dem am Vorabend veröffentlichten Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed, haben sich viele Mitglieder Anfang August für zusätzliche Stützungsmassnahmen ausgesprochen, sollten die Daten nicht bald ein freundlicheres Bild von der US-Konjunktur zeichnen.
Allerdings breitete sich am Donnerstag an den Märkten schnell Ernüchterung aus, nachdem der Präsident der regionalen Notenbank von St. Louis, James Bullard gesagt hatte, dass sich die US-Wirtschaft nach der letzten Sitzung erholt habe und es daher unsicher sei, ob die US-Notenbank tatsächlich ein neues Anleihenkaufprogramm auflege.
Negative Impulse erhielt der Markt in Europa aus dem schwächelnden Handelssektor, nachdem der niederländische Einzelhandelskonzern Ahold enttäuschend bewertete Zahlen zum zweiten Quartal bekanntgegeben hatte. Experten bemängelten, dass Ahold «lediglich» die Erwartungen erfüllt habe. Das schwächelnde Geschäft in den Niederlanden habe die höhere Profitabilität in den USA aufgezehrt, hiess es. Vor allem die Marge im Heimatmarkt habe enttäuscht. Die Ahold-Aktien gingen mit einem Abschlag von 3,55 Prozent aus dem Handel. Der Branchensubindex innerhalb des Stoxx 600 lag mit einem Minus von 1,10 Prozent mit am Ende der Sektortabelle.
Ebenfalls unter Druck standen die Papiere von EADS in Paris. Sie gaben um 2,35 Prozent auf 29,92 Euro nach und gerieten damit laut Börsianern in den Sog negativer Branchennachrichten. Zuvor hatte die australische Fluggesellschaft Qantas einen Auftrag an den Airbus-Konkurrenten Boeing storniert.
Unter den Einzelwerten standen auch die Papiere von Diageo im Mittelpunkt des Interesses. Der weltgrösste Spirituosenkonzern hatte im vergangenen Geschäftsjahr 2011/12 kräftig vom Marktwachstum in den Schwellenländern profitiert und seinen Gewinn überraschend gesteigert. Die Diageo-Titel verbuchten ein Plus von gut einem Prozent. Aus Branchensicht zeigte sich der Rohstoffsektor in Reaktion auf die überdurchschnittlichen Vortagesverluste besonders attraktiv. Der Subindex der Rohstofftitel führte mit einem durchschnittlichen Gewinn von 0,48 Prozent die Branchenrangliste an. (awp/mc/upd/ps)