London – Die vorerst gescheiterte Einigung im griechischen Schuldenstreit hat Europas Börsen am Montag abrutschen lassen. Ein Crash blieb aber wie von Experten erwartet aus. Der EuroStoxx 50 schloss 4,21 Prozent tiefer bei 3468,90 Punkten.
Die vergangene Woche hatte der Leitindex der Eurozone unter dem Strich noch fast 5 Prozent gewonnen, weil allein am Montag eine kurzzeitige Griechenland-Euphorie für ein Plus von über 4 Prozent gesorgt hatte. Der CAC-40-Index in Paris sackte am Montag um 3,74 Prozent auf 4869,82 Punkte ab. Etwas besser hielt sich der Londoner FTSE 100, da Grossbritannien nicht zur Eurozone gehört: Er sank um 1,97 Prozent auf 6620,48 Punkte. An der Börse in Athen wurde indes nicht gehandelt – sie bleibt ebenso wie die Banken des Landes erst einmal geschlossen.
Athens Regierungschef Alexis Tsipras will die Griechen an diesem Sonntag (5. Juli) über das von den Geldgebern vorgelegte Spar- und Reformpaket abstimmen lassen. Mit dieser Entscheidung war am Wochenende eine Einigung mit den Geldgebern gescheitert.
In den vergangenen Tagen hatten immer mehr verängstigte Bürger Bargeld abgehoben und damit die Geldhäuser in Schwierigkeiten gebracht. Als Auslöser für die Bankschliessungen und Kapitalverkehrskontrollen gilt der Beschluss der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Sonntag, die Notkredite für griechische Banken zunächst einzufrieren. Dies setzt die Kreditinstitute unter Druck, da der bewilligte Kreditrahmen dem Vernehmen nach bereits ausgeschöpft war. Ohne eine Einigung mit den Geldgebern droht Griechenland die Pleite.
Finanzwerte gerieten europaweit am stärksten unter die Räder: Im marktbreiten Index Stoxx Europe 600 war der Branchenindex mit minus 4,04 Prozent der grösste Verlierer. Damit gab er allerdings nur einen Teil seiner jüngsten Kursgewinne wieder ab, die er dank der zwischenzeitlich gestiegenen Hoffnung auf eine Einigung zwischen Athen und seinen Geldgebern eingefahren hatte.
Am EuroStoxx-Ende büssten die Aktien der italienischen Unicredit 7,12 Prozent ein. Auch die Papiere der anderen Branchenvertreter liessen Federn: Santander, Intesa SanPaolo und BBVA sackten jeweils um mehr als 6 Prozent ab. Die Aktien der griechischen Banken wurden zwar wegen der geschlossenen Athener Börse nicht gehandelt. Doch die in New York gelisteten Anteilsscheine der National Bank of Greece brachen dort zuletzt um über 20 Prozent ein.
Die Aktien der Deutschen Bank verloren 5,81 Prozent. Hier verwiesen Händler auf eine zusätzliche Belastung: Im Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze drohen der Deutschen Bank auch nach dem Rücktritt von Co-Chef Anshu Jain noch Konsequenzen der Finanzaufsicht Bafin. Ein Behördensprecher sagte am Montag auf Anfrage, dass sogenannte aufsichtsrechtliche Massnahmen möglich seien.
Am besten hielten sich in Europa noch die Minenwerte, deren Branchenindex mit einem Abschlag von 1,35 Prozent die Spitze im Tableau der Hauptsektoren in Europa einnahm. Im FTSE-Index hielten sich die Papiere des Bergbaukonzerns Rio Tinto mit minus 0,63 Prozent vergleichsweise gut. Einem Händler zufolge äusserte sich der Konzern optimistisch zu seinem Geschäft mit Diamanten. (awp/mc/upd/ps)