Paris – Nach einem überwiegend mauen Handel haben die wichtigsten europäischen Aktienbörsen am Freitag kurz vor Handelsschluss noch in die Gewinnzone gedreht. Händler machten hierfür neue Gerüchte zu den Diskussionen innerhalb der EZB zum Thema Anleihenrückkauf verantwortlich. Demnach sollen in Arbeitsgruppen statt einer Renditegrenze auch bestimmte Zielspannen erörtert worden sein, bei denen die EZB dann tätig würde.
Zuvor hatte noch die Sorge über das lahmende Fortkommen in der Eurokrise die Börsen belastet. Ausserdem hatte sich eine Meldung aus Kreisen der Europäischen Zentralbank negativ ausgewirkt, wonach die Notenbank den genauen Plan für den Kauf von Staatsanleihen angeschlagener Eurostaaten nicht vor dem 12. September vorlegen wird. Positive Vorgaben von den US-Börsen im Zuge gut aufgenommener Konjunkturdaten hatten den EuroStoxx im Nachmittagshandel aber wieder etwas gestützt.
Der EuroStoxx 50 schloss 0,21 Prozent fester bei 2.434,23 Punkten – binnen Wochenfrist hat der Leitindex für die wichtigsten 50 europäischen Werte damit gut eineinhalb Prozent an Wert verloren.Der Cac 40 in Paris schloss mit plus 0,02 Prozent auf 3.433,21 moderat über dem Vortagesschluss. In London notierte der FTSE 100 nahezu unverändert bei 5.776,60 Punkten.
Unterdessen wird auch weiter über das Eingreifen oder Nichteingreifen der US-Notenbank Fed spekuliert. Am Freitag wurde ein Brief von Fed-Chef Ben Bernanke an Darell Issa im US-Repräsentantenhaus bekannt, in dem er von «weiterem Raum für Konjunkturmassnahmen» gesprochen hatte. Die Fed werde vor möglichen Schritten aber die weiteren Konjunkturdaten genau im Auge behalten. «Die aktuellen Konjunkturdaten aus den USA verringern aber nun wieder die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed einen Konjunkturellen Impuls setzten wird», sagte Marktstratege Ishaq Siddiqi von ETX Capital. In den USA waren die Ausfuhren langlebiger Güter unerwartet stark gestiegen, allerdings nur dank des überraschend starken Anstiegs bei den Transportgütern.
Bester Wert im EuroStoxx waren Nokia , die um 4,18 Prozent auf zulegten. Damit sind die Aktien innerhalb der letzten vier Wochen bereits um mehr als 80 Prozent gestiegen. Ein Händler verwies auf Marktspekulationen, wonach Wettbewerber eine Beteiligung an dem finnischen Handy-Hersteller erwägen. Börsenbriefautor Hans Bernecker berichtet von mehreren grossen Adressen, die sich strategisch bei Nokia einkaufen wollen und bereits laufenden vorläufigen Gesprächen.
Am unteren Ende des europäischen Leitindex rangierten dagegen ArcelorMittal mit einem Minus von 2,58 Prozent. Davor hatte das Analystenhaus Dahlman Rose den Stahlsektor abgestuft, weil die jüngst angekündigten Preiserhöhungen international nicht durchgesetzt worden seien. Zudem hatte der chinesische Stahlkonzern Maanshan Iron für das erste Halbjahr einen Verlust verzeichnet.
Europaweit hatten daraufhin die Rohstoffwerte nachgegeben: so standen beispielsweise in London Minentitel von Eurasian und Kazakhmys mit Abschlägen zwischen drei und dreieinhalb Prozent deutlich unter Druck. Rio Tinto verloren 1,59 Prozent und BHP Billiton gaben um 1,40 Prozent nach. Der Branchenindex im Stoxx 600 gehörte mit einem Abschlag von 1,41 Prozent zu den grössten Verlierern innerhalb des Sektortableaus.
Ebenfalls in London zogen die Papiere des Einzelhändlers Marks & Spencer deutlich an. Die britische CVC Capital Partners habe eine mögliche Übernahme ausgelotet, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Kreise. CVC habe bei Spitzenmanagern innerhalb und ausserhalb des Unternehmens angefragt, ob sie einen Leitungsposten bei Marks & Spencer unter der Kontrolle eines Investmentfonds übernehmen würden. Weitere Schritte seien aber nicht erfolgt, hiess es. Auch erwäge CVC derzeit kein Übernahemangebot. Titel von Marks & Spencer zogen kurzfristig von 355 auf 388 Britische Pence an, und gingen am Ende an der Footsie-Spitze mit plus 4,26 Prozent auf 371,70 Pence aus dem Handel. Die übrigen Branchentitel verhielten sich mit moderaten Aufschlägen eher unauffällig (awp/mc/pg/cs)