Schwache Wirtschaftsdaten aus Europa, China und den USA haben den EuroStoxx 50 am Freitag auf den tiefsten Stand seit Ende September geschickt. Der europäische Leitindex rutschte unter die Marke von 2.100 Punkten und beendete die Sitzung mit einem Abschlag von 2,37 Prozent auf 2.068,66 Punkte. Binnen Wochenfrist hat das Kursbarometer damit über vier Prozent eingebüsst. Auch in Frankreich und Grossbritannien rutschten die Indizes weiter ab: In Paris sackte der Cac 40 um 2,21 Prozent auf 2.950,47 Punkte. In London verlor der FTSE 100 1,14 Prozent auf 5.260,19 Zähler.
«Es war kein guter Tag für die Bullen», sagte ein Marktanalyst in Brüssel. «Der Abschwung ist global, wir sehen ihn überall, von Europa über China und nun auch in den USA, die bislang noch etwas immun schienen.» Daher seien nun anstatt der risikoreicheren Anlageformen immer deutlicher die «sicheren Häfen» gefragt.
Negativ ausgewirkt hatten sich zunächst aktuelle Stimmungsindikatoren aus Spanien, England aber auch China. Später drückten dann noch durchweg negative Signale von der US-amerikanischen Konjunkturfront auf die Märkte: So sind gemäß dem offiziellen Arbeitsmarktbericht in den Vereinigten Staaten im Mai viel weniger Jobs geschaffen worden als erwartet. Die Arbeitslosenquote war im selben Monat überraschend gestiegen, und zudem sank auch noch der als Stimmungsindikator gewertete ISM-Einkaufsmanagerindex überraschend stark.
In der Sektortabelle waren in dem sehr schwachen Marktumfeld die Verlierer unter sich. Die geringsten Einbussen gab es bei den Aktien der Telekommunikationsbranche. Der Teilindex stellte mit einem moderaten Minus von 0,25 Prozent den geringsten Abschlag im Stoxx 600. Besonders schwach zeigten sich dagegen die industriellen Sektoren: Der Index der Automobil– und Zuliefererbranche büsste über dreieinhalb Prozent ein und jener der Chemiebranche verlor knapp drei Prozent.
An der Amsterdamer Börse standen die Papiere von KPN im Fokus. Der niederländische Telekomkonzern, sucht nach neuen Wegen, um sich gegen die Offerte von America Movil zu schützen. So kündigte KPN eine Prüfung der strategischen Optionen für die deutsche Mobilfunktochter E-Plus an. Kreisen zufolge erwägen die Niederländer und der spanische Telefonica-Konzern eine Fusion ihres Deutschlandgeschäfts. Die KPN-Titel profitierten zunächst mit deutlichen Aufschlägen, die bis zum Abend aber abbröckelten. Am Ende blieb nur ein seidenes Plus von 0,07 Prozent auf 7,65 Euro. Telefonica verteuerten sich um 0,75 Prozent auf 9,00 Euro.
Nachrichten aus dem Bereich Fusionen und Zukäufe gab es auch beim britischen Ölkonzern BP. Dieser erwägt den Verkauf seines Anteils am russischen Gemeinschaftsunternehmen TNK-BP. Die Titel zogen um knapp zwei Prozent an. Ausserdem explodierten die Kurse bei den Anteilen der HMV Group. Der auf Unterhaltungsmedien spezialisierte Einzelhändler hat eine in London betriebene Veranstaltungsstätte verkauft. Nach dieser Nachricht sprangen die Titel um mehr als 17 Prozent an.
In Brüssel fielen die Papiere des weltgrössten Brauereikonzerns Anheuser-Busch Inbev (AB Inbev) um 3,20 Prozent auf 53,00 Euro. Sie reagierten damit laut Beobachtern auf eine unerwartet starke Steuererhöhung in Brasilien, wo die Tochter Cia. de Bebidas das Americas rund 30 Prozent ihres Umsatzes macht.
Eine Personalie machte in Mailand die Runde. Dort kletterten die Aktien der Assicurazioni Generali um über drei Prozent auf 8,49 Euro in die Höhe. Begründet wurde dies mit der Absicht einer Investorengruppe um die Bank Mediobanca, Generali-Chef Giovanni Perissinotto vor die Tür zu setzen. Kreisen zufolge erhofft sie sich unter neuer Führung eine bessere Entwicklung des grössten italienischen Versicherungskonzerns. (awp/mc/cs/upd/ps)