EU-Schluss: Gewinne – Märkte trotzen S&P-Abstufungen
Paris – Die europäischen Aktienmärkte haben am Montag die Besorgnis um den Rundumschlag der Ratingagentur Standard & Poor’s vorerst abgeschüttelt und durchweg Gewinne verzeichnet. Der EuroStoxx 50 gewann 1,01 Prozent auf 2.361,56 Punkte. Der Pariser Cac 40 stieg um 0,89 Prozent auf 3.225,00 Punkte und der Londoner FTSE 100 rückte um 0,37 Prozent auf 5.657,44 Punkte vor.
Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit mehrerer Eurostaaten hinterliess somit weniger Spuren als befürchtet. Schon am Morgen hatte sich abgezeichnet, dass es nicht zu Kursstürzen kommen würde, und am Nachmittag sorgte dann eine gut aufgenommene Geldmarkt-Auktion Frankreichs für Optimismus. Börsianer verwiesen zudem darauf, dass Marktteilnehmer, die zuvor auf fallende Kurse gesetzt hätten, sich mit diesen Aktien wieder eingedeckt hätten.
Das Hauptproblem sahen die Börsianer in den Auswirkungen der Abstufung auf den Eurorettungsfonds EFSF. Die Abstufung allein habe die Märkte nicht mehr überrascht, kommentierte Händlerin Anita Paluch von Gekko Global Markets. Die Schutzfunktion des Eurorettungsfonds EFSF für die schwächeren Länder der Eurozone könne jedoch schwinden, wenn die Kreditaufnahme für den Fonds nun schwieriger oder teurer werde. Auch die Experten der HSBC wiesen darauf hin, dass nun Deutschland als einzige grosse Nation der Eurozone ihr Top-Rating behalte. Zudem sei Griechenland ein weiterer Unsicherheitsfaktor: Die am Freitag vorläufig unterbrochenen Gespräche zwischen dem internationalen Bankenverband IIF und der griechischen Regierung erhöhten die Möglichkeit einer Pleite, so die Experten.
Mit der optimistischen Stimmung konnten sich auch die Bankenwerte als massgeblich Leidtragende der Euroschuldenkrise mehrheitlich in die Gewinnzone hieven. Mittags gehörte der Bankensektor im Teilindex Stoxx Europe 600 Banks noch zu den Verlierern, nach Handelsschluss stand unter dem Strich ein Platz im Mittelfeld der Sektorwertung mit Gewinnen von 0,59 Prozent. Trotzdem blieben die Aktien von Banco Santander schwächster Wert im EuroStoxx mit 1,57 Prozent Verlust. BNP Paribas und Intesa SanPaolo konnten sich nach Verlusten am Morgen jedoch mit 1,62 Prozent und 1,29 Prozent komfortabel ins Plus retten.
Besonders schwach zeigten sich Aktien von Reise- und Freizeitunternehmen. Die Branche wies in der Sektorwertung mit 1,00 Prozent den grössten Verlust auf. Aktien des Kreuzfahrt-Spezialisten Carnival brachen in London um 16,46 Prozent ein. Sie reagierten damit auf das Unglück der «Costa Concordia» vor der italienischen Küste, dessen Reederei Costa Crociere zum Branchenprimus Carnival gehört. Tui Travel hingegen gewannen 1,98 Prozent. Die Experten der UBS hatten die Papiere zum Kauf empfohlen.
Die Papiere von Holcim rutschten in Zürich um 1,64 Prozent ab. Der Schweizer Baustoffkonzern hatte im vierten Quartal wegen eines Einbruchs der Zementnachfrage in einigen Regionen der Welt ausserordentliche Abschreibungen von insgesamt 775 Millionen Euro verbuchen müssen. Die Analysten der DZ Bank sprachen in einer ersten Reaktion von einer negativen Überraschung und wollten ihre Empfehlung für die Aktie überprüfen.
An der Spitze der Sektorwertung lagen in Europa Auto- und Zulieferwerte. Die im Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts notierten Werte stiegen um durchschnittlich 3,10 Prozent. Die Analysten von Goldman Sachs hatten den Sektor zum Kauf empfohlen. Stärkste Einzelwerte waren Peugeot mit einem Plus von 4,17 Prozent und Renault mit 2,93 Prozent. Die Fiat-Aktien konnten in Mailand um 7,04 Prozent zulegen.
Die Anteilsscheine des Schweizer Unternehmens Richemont stiegen um 2,76 Prozent. Im dritten Geschäftsquartal hatte der weltweit zweitgrösste Hersteller von Luxusartikeln mit seinen Umsätzen die Erwartungen von Analysten geschlagen (awp/mc/ps)