London – Der europäische Aktienmarkt hat am Donnerstag mit einem deutlichen Plus an seine Gewinne vom Vortag angeknüpft. Nach Aussagen der EU-Kommission und den Zinsentscheiden in Europa spekulierten Anleger weiter auf Fortschritte bei der Bewältigung der Schuldenkrise in der Eurozone, sagten Händler.
Der EuroStoxx 50 kletterte um 3,18 Prozent auf 2.248,78 Punkte. Gegenüber seinem Tief am Dienstag hat er damit schon wieder mehr als 9 Prozent an Boden gut gemacht. In Paris stieg der CAC 40 um 3,41 Prozent auf 3.075,37 Punkte, und der FTSE 100 rückte in London um 3,71 Prozent auf 5.291,26 Punkte vor.
Positiv ausgelegt wurden weitere Schritte der europäischen Notenbanken zur Stützung des Bankensektors. Die Europäische Zentralbank (EZB) hielt den Forderungen nach einer Zinssenkung zwar stand und beliess ihren Leitzins unverändert, will ab November aber wieder sogenannte «gedeckte Anleihen» kaufen, um die Banken mit Liquidität zu versorgen. Nach Einschätzung der Commerzbank fällt dieser Schritt «schärfer als erwartet» aus. Auch die Bank of England hatte zuvor die Wiederaufnahme von Anleihekäufen angekündigt. Börsianer begrüssten zudem Aussagen des EU-Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso, wonach die Staatengemeinschaft für eine gemeinsame Aktion zur Rekapitalisierung der Banken sei.
Neben Rohstoffaktien, die mit einem Aufschlag von knapp über 5 Prozent beim Stoxx 600 Basic Resources im Branchenvergleich die grössten Aufschläge verzeichneten, gehörten wie schon am Vortag die Finanzwerte zu den grössten Gewinnern. Der Stoxx 600 Insurance als Teilindex der Versicherungsbranche stieg um 4,82 Prozent und der Bankensektor-Index Stoxx 600 Banks legte 3,81 Prozent zu. Mit dem geringsten Plus lagen die überwiegend als defensiv eingestuften Telekom- und Gesundheitswerte am Ende der Sektorentabelle.
Negativ ab fielen im Bankensektor die Titel der vor der Zerschlagung stehenden Dexia Banque . Sie rutschten nochmals um etwas mehr als 17 Prozent ab, wurden beim Stand von 0,845 Euro vom Handel ausgesetzt und blieben dies auch bis zur Schlossglocke. Beantragt wurde, dass die Aktien offenbar bis zum 10. Oktober nicht handelbar bleiben sollen. Während der belgische Teil der Bank laut Medienberichten vor der Verstaatlichung steht, soll das französische Kommunalfinanzierungsgeschäft von der Staatsbank CDC und der Postbank übernommen werden. Für den luxemburgischen Teil gibt es bereits einen Interessenten.
Zu den grössten Gewinnern im EuroStoxx 50 gehörten französische Bank- und Versicherungswerte. Die Aktien der BNP Paribas schnellten an der Indexspitze um 8,60 Prozent auf 32,025 Euro hoch, dicht gefolgt von den Axa-Papieren mit einem Aufschlag von 8,22 Prozent. Ein Händler verwies neben der marktbreiten Spekulation auf Fortschritte in der Eurozone auf einen Bericht im «Le Figaro» über Pläne Frankreichs, sich an den Banken zu beteiligen.
Aktien des weltweit führenden Brauereikonzerns AB Inbev waren derweil der einzige Verlierer im europäischen Leitindex. Sie gaben um 0,42 Prozent auf 39,46 Euro nach, nachdem Gerüchte die Runde machten, der Konzern befinde sich in Gesprächen für eine Übernahme des Wettbewerbers SABMiller . Die Titel des zweitgrössten Brauers profitierten mit einem Plus von rund 7 Prozent von den Spekulationen.
Auch in London kletterten Bankenwerte wie etwa die Aktien von Lloyds und Standard Chartered sehr deutlich um 8,68 und 8,83 Prozent. Ferner stützten vor allem Minenwerte wegen anziehender Rohstoffpreise den Leitindex FTSE 100. Aktien des Kupferkonzerns Antofagasta schnellten um mehr als 10 Prozent hoch. Mit Vedanta , Xstrata und Kazakhmys legten weitere Branchengrössen um mehr als 8 Prozent zu. (awp/mc/pg)