London – Die europäischen Börsen haben die EU-Massnahmen gegen die Schuldenkrise am Donnerstag mit einem massiven Kurssprung honoriert. Bis zum Handelsende stieg der EuroStoxx 50 um 6,08 Prozent auf 2.476,92 Punkte und verbuchte damit den höchsten Tagesgewinn seit knapp anderthalb Jahren. Seit seinem im September markierten Jahrestief hat der Index damit um 22 Prozent zugelegt. In Paris schob sich der Cac 40 am Donnerstag um 6,28 Prozent auf 3.368,62 Punkte nach oben. Der Londoner FTSE 100 gewann bescheidenere 2,89 Prozent auf 5.713,82 Punkte.
Europa hatte ein umfassendes Paket gegen die Schulden- und Bankenkrise und zur Rettung Griechenlands auf den Weg gebracht. Beim jüngsten Gipfeltreffen hatten sich die EU-Staatschefs auf die Modalitäten für eine Aufstockung des Rettungsfonds EFSF und einen 50-prozentigen Schuldenschnitt für Griechenland geeinigt. Zudem waren für die führenden Banken neue Kapitalregeln festgelegt worden: Bis 2012 müssen die systemrelevanten Banken ihre harte Kernkapitalquote auf neun Prozent anheben. Nur so kann die Branche nach Berechnungen der Europäischen Bankenaufsicht den Schuldenerlass verkraften. Bei Volkswirten stiessen die Beschlüsse auf eine überwiegend positive Resonanz.
Der Banken- und Versicherungssektor reagierte mit Erleichterung und profitierte trotz der neuen, schärferen Vorgaben am stärksten von den Ergebnissen des EU-Gipfels: Die entsprechenden Teilindizes im Stoxx Europe 600 setzten sich mit Gewinnen von 8,91 und 7,24 Prozent an die Spitze der Branchenindizes. Als bester Wert im EuroStoxx 50 schossen Societe Generale um 22,54 Prozent auf 22,995 Euro hoch und BNP Paribas verteuerten sich um 16,92 Prozent auf 35,130 Euro. In London waren Barclays mit einem Kurssprung von 17,58 Prozent «Footsie»-Spitzenreiter. An der Börse in Zürich besetzten die Titel von Credit Suisse und UBS die vordersten zwei Plätze.
Die in London gelisteten Bergbaukonzerne profitierten von den gestiegenen Rohstoffpreisen, was den Branchenindex Stoxx Europe 600 Basic Resources um 6,39 Prozent nach oben klettern liess. Bei Vedanta und Xstrata konnten sich die Aktionäre über Kursgewinne von 12,25 beziehungsweise 10,77 Prozent freuen.
Ansonsten bestimmte eine Flut von Unternehmenszahlen das Bild. Ein Gewinnanstieg im dritten Quartal schob die Aktien der spanischen Bank Santander zusätzlich an: Sie schlossen 7,53 Prozent höher bei 6,437 Euro. Die Aktien von Axa profitierten von der freundlichen Branchenstimmung und Aussagen des französischen Versicherers, der sich finanziell weiter solide aufgestellt sieht. Trotz eines Umsatzrückgangs in den ersten neun Monaten gewannen die Papiere 14,71 Prozent auf 12,480 Euro. Der britische Pharmakonzern AstraZeneca hob nach einem Umsatz- und Gewinnanstieg im dritten Quartal seine Ergebnisprognose für das Gesamtjahr erneut an. Die Aktien stiegen dennoch nur um 1,28 Prozent.
Die Titel von Michelin legten um 5,09 Prozent auf 54,940 Euro zu. Der Reifenhersteller hat nach einem Umsatzanstieg im dritten Quartal seine Jahresumsatzprognose bekräftigt. Die Puma-Mutter PPR ist im dritten Quartal stärker als erwartet gewachsen, was die Titel des Luxusgüterkonzerns um 5,43 Prozent auf 116,500 Euro klettern liess.
Auch die Titel von GDF Suez profitierten mit plus 6,94 Prozent auf 22,355 Euro von Zahlen. Der französische Energiekonzern legte dank eines hohen Ölpreises in den ersten neun Monaten weiter zu. Auch Zukäufe trugen zum Ergebnisanstieg bei. Der italienische Konkurrent Eni konnte dank eines hohen Ölpreisniveaus Produktionsausfälle in Libyen verschmerzen, so dass die Aktien um 3,86 Prozent auf 16,670 Euro vorrückten. Den Gewinnanstieg des spanischen Versorgers Iberdrola honorierten die Titel mit einem Kursplus von 5,03 Prozent auf 5,450 Euro.
Der Ölkonzern Shell hat im dritten Quartal sein Ergebnis dank höherer Energiepreise und neuer Produktionsstätten gesteigert. Die Papiere verteuerten sich indes nur um 1,20 Prozent. Beim norwegischen Energiekonzern Statoil trieb der deutlich gestiegene operative Nettogewinn die Aktien um 2,54 Prozent hoch. Die Papiere des Aluminiumherstellers Norsk Hydro gewannen nach Zahlen 4,80 Prozent.
Bei France Telecom ging der Quartalsgewinn indes wegen des schwachen Heimatmarktes zurück, worauf die Aktien unterdurchschnittliche 3,66 Prozent auf 13,590 Euro gewannen. Auch die Aktionäre von ABB hatten keinen Grund zur Freude. Die Titel rückten in Zürich nur um bescheidene 1,16 Prozent auf 17,450 Franken vor. Der Schweizer Energie- und Automationstechnikkonzern wagte nach einem schwächer als erwartet ausgefallenen Quartal keinen konkreten Ausblick. (awp/mc/ps)