London – Die europäischen Aktienmärkte haben am Freitag nach den ersten Beschlüssen des EU-Gipfels in Brüssel sehr fest geschlossen. Der geplante Ausbau der Eurozone zur Fiskalunion und die zusätzlichen 200 Milliarden Euro für Interventionen des Internationalen Währungsfonds (IWF) waren in den Augen der Anleger zwar keine Lösung des Problems. Doch die befürchtete Enttäuschung blieb am Markt vorerst aus.
Der EuroStoxx 50 stieg um 2,38 Prozent auf 2.342,59 Punkte. Auf Wochensicht schloss der europäische Leitindex nahezu exakt auf dem gleichen Niveau wie nach der Vorwoche, in der er über zehn Prozent zugelegt hatte. In Paris gewann der CAC 40 am Freitag mit 2,48 Prozent auf 3.172,35 Punkte ebenfalls deutlich. Der britische FTSE 100 legte mit 0,83 Prozent Zuschlag auf 5.529,21 Punkte deutlich weniger zu.
Die Vereinbarungen zu Schuldenbremsen und «halbautomatischen Sanktionen» für Schuldensünder seien bemerkenswerte Erfolge, urteilte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Im Hinblick auf ihre Umsetzung gebe es jedoch noch einige offene Fragen. Wer über die 17 Eurostaaten hinaus Teil der erweiterten Fiskalunion sein will, wird demnach wohl erst in den Parlamenten entschieden. Lediglich Grossbritannien hat angekündigt, Vertragsänderungen nicht mittragen zu wollen.
Ein positives Zeichen sei, dass es nun eine Vereinbarung zu ausgeglichenen Haushalten und zum Umgang mit Abweichlern gebe, sagte ein Fondsmanager. Es bleibe abzuwarten, was das in Bezug auf die Wirtschaftspolitik bedeute. Er sei jedoch nicht enttäuscht, dass die Details zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt seien, sagte er weiter.
In der Branchenwertung waren die Banken mit dem festen Umfeld Sieger. Nachdem die Daten zum Kapitalbedarf von der Europäischen Bankenaufsicht EBA am Vortag die Kurse vieler Institute belastet hatten, konnten sich die Werte in weiten Teilen von den Verlusten erholen. Der Branchenindex Stoxx Europe 600 Banks lag mit 2,64 Prozent im Plus, gefolgt von den Auto- und Zuliefererwerten mit 2,51 Prozent. Auch am anderen Ende der Branchenwertung wendete sich das Blatt vom Vortag: Die Aktien von Lebensmittel- und Getränkekonzernen wiesen als einziger Subindex geringe Verluste auf.
Unter Druck gerieten an den europäischen Aktienmärkten zunächst französische Bankentitel nach einer Herabstufung durch Moody’s. Die US-Ratingagentur senkte die Kreditwürdigkeit für die drei Grossbanken Societe Generale, BNP Paribas und Credit Agricole um jeweils eine Stufe. Der Schritt wurde mit der ungelösten Euro-Schuldenkrise begründet. Bis zum Mittag hatten sich die Papiere aber bereits wieder erholt. Societe Generale legten bis zum Handelsschluss 2,38 Prozent zu, BNP Paribas 4,48 Prozent und Credit Agricole um 4,13 Prozent.
Auch andere am Vortag unter Druck geratene Einzelwerte unter den Banken konnten Gewinne aufweisen. Die Intesa SanPaolo und die Unicredit legten jeweils um mehr als sieben Prozent zu. Die Banco Santander konnte 2,33 Prozent zulegen. Die britischen Geldhäuser Royal Bank of Scotland, Barclays und Lloyds machten ebenfalls wieder Boden gut und gewannen zwischen fünf und sieben Prozent.
GDF Suez stiegen um satte 4,86 Prozent auf 21,340 Euro, nachdem der Vorstandschef des französischen Energieversorgers, Gerard Mestrallet, für die Jahre 2012 bis 2017 jeweils Investitionen zwischen neun und elf Milliarden Euro angekündigt hat. Ein Drittel davon soll in Schwellenländer fliessen, um die Abhängigkeit von Europa einzudämmen.
Aktionäre von Schneider Electric konnten sich ebenso über Gewinne freuen. Die Titel des französischen Elektonikkonzerns sprangen um 5,19 Prozent hoch. Die Analysten von JPMorgan hatten ihr Kursziel für die Schneider-Aktie angehoben. (awp/mc/upd/pg)