London – Vor der wichtigen Brexit-Entscheidung haben sich die Anleger an den europäischen Börsen in Zurückhaltung geübt. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss am Freitag 0,26 Prozent tiefer bei 3579,41 Punkten. Auf Wochensicht schaffte er dank der zuletzt versprühten Hoffnung, dass ein ungeregelter Brexit noch ausbleibt, ein Plus von 0,27 Prozent.
Am Vortag hatten sich die EU und Grossbritannien auf einen Scheidungsvertrag geeinigt, es gibt aber Zweifel, dass Premierminister Boris Johnson den Deal an diesem Samstag durch das britische Parlament bekommt. Als Bremse hinzu gesellte sich am Freitag ein überraschend langsames Wachstum der chinesischen Wirtschaft im dritten Quartal. Der französische Cac 40 fiel obendrein belastet von Kursrutschen bei Renault und Danone um 0,65 Prozent auf 5636,25 Punkte.
Der britische FTSE 100 verlor am Tag vor der richtungweisenden Entscheidung 0,44 Prozent auf 7150,57 Punkte. «Letztlich wird sich die Hängepartie bis Samstag hinziehen, die Investoren bleiben auf jeden Fall skeptisch», hiess es in einem Kommentar des Bankhauses Metzler. «Ein klares Ergebnis der Abstimmung im Unterhaus ist nicht absehbar. Es kommt darauf an, wie viel Überzeugungsarbeit Boris Johnson bis dahin noch leisten kann.»
Auf Unternehmensseite kamen zwei schwere Hiobsbotschaften aus Frankreich. Allen voran brachen dort die Renault-Aktien auf den tiefsten Stand seit 2013 ein wegen einer Gewinnwarnung, die den ganzen europäischen Autosektor auf Talfahrt schickte. Die schwächelnde Nachfrage erwischt Renault stärker als gedacht. Nachdem das vorige Management seine Hoffnung auf einen Umsatzanstieg bereits im Juli begraben hatte, geht das neue Führungsteam nun sogar von einem merklichen Rückgang aus. Die Papiere von Renault sackten am Ende um mehr als 11 Prozent ab und waren damit das Schlusslicht im Cac 40.
Der zweite auffällig grosse Verlierer in Paris war Danone mit einem Abschlag von mehr als 8 Prozent. Der Lebensmittelkonzern hatte im dritten Quartal die Erwartungen enttäuscht und war nach den ersten neun Monaten weiter hinter der Jahresplanung zurückgeblieben. Als Folge davon zeigte sich das Unternehmen nun für den Umsatz im Gesamtjahr pessimistischer. Analysten zogen ein relativ trübes Fazit. Charles Eden von der schweizerischen Bank UBS glaubt nicht, dass die Danone-Aktie vorerst ihre Bewertungslücke zur Konkurrenz schliessen kann.
Eine positive Ausnahme waren in Frankreich die Vivendi-Aktien mit einem Anstieg um rund 1 Prozent. Der Medienkonzern hatte von Interessenten an seiner Musiksparte Universal Music berichtet, weshalb er nun den Verkauf von weiteren Anteilen erwäge. Im Tagesgeschäft hatte Vivendi seinen Umsatz im dritten Quartal überraschend kräftig gesteigert.
In Zürich knickten die Aktien vom AMS um 4,6 Prozent ein. Der Sensorspezialist hatte einen neuen Anlauf zur milliardenschweren Übernahme des Lichtkonzerns Osram gestartet. Das Gebot liegt wie die gescheiterte Offerte bei 41 Euro je Aktie. AMS will sich diesmal aber damit zufriedengeben, mindestens 55 Prozent der Osram-Anteile zu erhalten. Die Papiere des Lichtkonzerns gewannen in Frankfurt rund 3 Prozent auf gut 40 Euro.
Die Aktien des Düngerkonzerns Yara fielen in Oslo um mehr als 4 Prozent, nachdem sich die Gewinne im dritten Quartal nicht ganz so gut entwickelt hatten wie zuvor gedacht. (awp/mc/ps)