London – Der griechische Schuldenstreit hat Europas Börsen am Dienstag weiter ins Minus gedrückt. Widersprüchliche Aussagen aus Brüssel und Berlin liessen die Kurse schwanken. Doch am Ende überwog die Vorsicht, zumal auch an der Wall Street die Anfangsgewinne abbröckelten.
Der EuroStoxx 50 verabschiedete sich 1,29 Prozent schwächer bei 3424,30 Punkten aus dem Handel. Damit knüpfte der Leitindex der Eurozone an den Kursrutsch vom Wochenauftakt an. Während die Bilanz für den Juni und mehr noch für das zweite Quartal deutlich negativ ausfällt, steht seit Jahresbeginn unter dem Strich immer noch ein Plus von knapp 9 Prozent. Der CAC-40-Index in Paris büsste am Dienstag 1,63 Prozent auf 4790,20 Punkte ein. Ausserhalb der Eurozone verlor der Londoner FTSE 100 1,50 Prozent auf 6520,98 Punkte. Die Börse in Athen bleibt voraussichtlich für die gesamte Woche geschlossen.
Wenige Stunden vor dem Ablaufen des aktuellen Hilfsprogramms brachte die griechische Regierung ein neues, drittes Hilfsprogramm ins Spiel, über das die Euro-Finanzminister (Eurogruppe) ab 19.00 Uhr in einer Telefonkonferenz debattieren wollen. Das teilte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Dagegen sagte Bundeskanzlerin Merkel in einer Sitzung der Unionsfraktion, Deutschland wolle vor einem Referendum in Griechenland nicht über den neuen Hilfsantrag aus Athen beraten.
Am Wochenende hatte Athens Regierungschef Alexis Tsipras angekündigt, die Griechen an diesem Sonntag (5. Juli) über die von den Geldgebern geforderten Reformen abstimmen zu lassen, die Verhandlungen zunächst zum Scheitern gebracht. Zudem will Griechenland eine noch am heutigen Tag fällige Kreditrate des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht fristgerecht zurückzahlen.
Im europäischen Branchenvergleich gab es am Dienstag nur Verlierer. Der Subindex für die Rohstoffwerte war mit minus 2,73 Prozent abgeschlagenes Schlusslicht im marktbreiten Index Stoxx Europe 600. Am besten hielt sich noch der Branchenindex für die Finanzdienstleister , der lediglich um 0,65 Prozent nachgab.
Unter den Einzelwerten setzten die Papiere von Tesco in London ihre jüngste Talfahrt fort: Sie schlossen 2,83 Prozent tiefer. Dem britischen Branchenforscher Kantar Worldpanel UK zufolge waren die Verkäufe der Supermarktkette in den vergangenen zwölf Wochen im Jahresvergleich geschrumpft.
Roche-Aktien hielten sich in Zürich mit minus 0,53 Prozent etwas besser als der Swiss-Market-Index (SMI). Der schweizerische Pharmakonzern vermeldete Erfolge bei zwei Studien zu einem Medikament gegen die Nervenkrankheit Multiple Sklerose (MS). Voraussichtlich im ersten Quartal 2016 will Roche einen Zulassungsantrag bei den Behörden in der EU und den USA einreichen.
Zudem bewegten negative Analystenkommentare: Grösster Verlierer im EuroStoxx waren die Papiere des Luxusgüterkonzerns LVMH mit minus 3,94. Die US-Investmentbank Merrill Lynch hatte ihr Votum in einer Branchenstudie auf «Underperform» gesenkt. Dagegen hatten die Experten der US-Investmentbank ihre Einstufung für ING auf «Buy» angehoben. Die Aktien des niederländischen Finanzkonzerns gewannen an der Indexspitze 1,23 Prozent. (awp/mc/upd/ps)