Paris/London – An den Börsen in Europa hat die Talfahrt bereits den zweiten Tag in Folge angehalten. Dabei spielte US-Präsident Donald Trump am Donnerstag einmal mehr eine tragende Rolle. Bereits am Morgen belastete, dass die USA nun doch Importzölle auf Kraftfahrzeuge und Autoteile ernsthaft in Erwägung ziehen. Dies trifft vor allem die deutsche Wirtschaft mit der hohen Abhängigkeit von dem Sektor. Die Branchenwerte der europäischen Automobilhersteller standen in der Folge unter Abgabedruck, der Sektor verlor 1,9 Prozent und stellte damit den grössten Verlierer.
Am Nachmittag setzte dann eine weitere Verkaufswelle ein, nachdem Trump das Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un abgesagt hatte. Damit stieg das geopolitische Risiko. Der DAX schloss 0,9 Prozent tiefer bei 12.855 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 gab um 0,5 Prozent auf 3.522 Zähler nach. Der Euro machte ebenfalls etwas Terrain gut und stieg auf 1,1724 Dollar von rund 1,17 am Vorabend. Gold und Yen zogen mit dem Schlagzeilen zu Korea deutlich an und waren als vermeintlich sichere Häfen gesucht.
Gesprächsthema Nummer eins am Aktienmarkt war zunächst der neue Vorstoss der USA in Sachen Strafzölle. US-Handelsminister Wilbur Ross lässt aus Gründen der «nationalen Sicherheit» die Erhebung von Zöllen auf Autoimporte prüfen. Dabei soll es um einen Satz von 25 Prozent gehen. Dieselbe Begründung hatte die US-Regierung zuvor auch bei den Strafzöllen auf Stahl und Aluminium angeführt. Diese sind für Importe aus der Eurozone zwar noch ausgesetzt, die Sonderregelung dürfte aber im Juni beendet werden.3522 Zähler
Sollten die USA Autoimporte tatsächlich mit Zöllen belegen, werde das gravierende Auswirkungen für kleinere, nicht-amerikanische Hersteller haben. Als Beispiele nannten die Analysten von Evercore ISI Aston Martin, Jaguar Land Rover und Ferrari. BMW (minus 1,7 Prozent) und Daimler (minus 2,8 Prozent) sowie mit Abstrichen auch Volkswagen (minus 2,5 Prozent) seien auf dem nordamerikanischen Markt vor allem mit Limousinen präsent. Dieses Segment stehe wegen geänderter Verbrauchergewohnheiten ohnehin unter Druck. Hedgefonds soll Thyssenkrupp-Kurs Beine machen. Thyssenkrupp schlossen nur leicht im Minus. Der Hedgefonds Elliott hatte den Einstieg bestätigt, nachdem bereits vor zwei Tagen der Kurs mit entsprechenden Gerüchten stark gestiegen war. «Der Markt setzt darauf, dass Elliott eine aktive Rolle bei der Umstrukturierung spielt», sagte ein Marktteilnehmer. Elliott selbst sprach von erheblichem Potenzial für operative Verbesserungen, die allen Anteilseignern zu Gute kommen sollen.
Einige Aktionäre des schweizerischen Tiefkühl- und Backwarenkonzerns Aryzta zogen nach einer erneuten Gewinnwarnung die Reissleine, die Aktie brach um gut ein Fünftel auf 15,22 Franken ein. Anfang des Jahres hatte der Wert noch bei 38 Franken gestanden, seitdem hat er rund 56 Prozent an Wert verloren. Den Grund lieferte die erneute Gewinnwarnung. Für 2018 erwartet das Unternehmen nun ein EBITDA, das zwischen 9 bis 12 Prozent unter dem vorherigen Ausblick liegen wird.
Die Ergebnisse von Tate & Lyle wurden von den Analysten von Liberum als solide eingestuft und sollten eine Erhöhung der Konsenserwartungen nach sich ziehen. Der Lebensmittelproduzent habe mit dem Vorsteuergewinn über den Konsenserwartungen gelegen. Die Aktie schloss 7,3 Prozent im Plus.
Deutsche Bank und Commerzbank fielen beide auf neue Jahrestiefststände. «Das Umfeld für die deutschen Banken bleibt besonders schwierig», sagte ein Marktteilnehmer. Die US-Banken erzielten wieder satte Gewinne und seien so stark wie vor der Finanzkrise, die schweizerischen Banken hätten die Umstrukturierungen abgeschlossen und seien vergleichsweise gut aufgestellt, und in Europa könnten die französischen Häuser sowie Barclays ihre Positionen bewahren. Die beiden deutschen Banken seien dagegen stark mit sich selbst beschäftigt. So will die Deutsche Bank die Investmentsparte verkleinern und die Anzahl der Vollzeitstellen um 7.000 reduzieren. Für den Umbau, der das Jahresergebnis 2018 belasten wird, erwartet die Bank einmalig Restrukturierungs- und Abfindungskosten von bis zu 800 Millionen Euro. Zudem droht bei der Deutschen Bank der Abstieg aus dem Euro-Stoxx-50. Deutsche Bank stürzten um 4,8 Prozent und Commerzbank um 6,5 Prozent ab.. (awp/mc/ps)