Paris – Wachsende Befürchtungen über ein Ausscheiden Grossbritanniens aus der Eurozone haben Europas wichtigsten Aktienmärkten am Mittwoch zugesetzt. Zudem belastete der im Vergleich zum US-Dollar gestiegene Eurokurs die Stimmung.
Der EuroStoxx 50 verlor 0,69 Prozent auf 3019,76 Punkte, nachdem er am Vortag noch um 1,29 Prozent gestiegen war. Der CAC-40-Index in Paris fiel am Mittwoch um 0,61 Prozent auf 4448,73 Punkte. Für den Londoner FTSE-100-Index ging es dagegen um 0,27 Prozent auf 6301,52 Zähler nach oben. Der Eurokurs überwand am Nachmittag die Marke von 1,14 US-Dollar und wurde zuletzt bei 1,1404 Dollar gehandelt.
Mit Blick auf einen möglichen Brexit sagte Börsenexperte Jochen Stanzl von CMC Markets: «Solange hier keine Fakten geschaffen werden, hält die Unsicherheit über die Zukunft der Europäischen Union die Börsen in Atem.» Das Risiko eines Austritts Grossbritanniens sei zu hoch, so dass momentan kein Fondsmanager es vor seinen Kunden rechtfertigen könne, voll investiert zu sein. «So fliesst das Geld auch heute wieder in die sicheren Häfen Gold und japanischer Yen.»
Meinungsforschungsinstitute sehen unverändert ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gegnern und Befürwortern eines Brexit. Wie sich die Briten am 23. Juni bei ihrem Referendum entscheiden, dürfte weitreichende Auswirkungen haben.
Branchenweit legten vor allem Bergbautitel, Versorger und Ölwerte zu. Banken zählte dagegen mit minus 1,16 Prozent zu den grössten Verlierern. Im Eurozonen-Leitindex büssten die Aktien von Unicredit am Index-Ende 4,57 Prozent ein, Societe Generale gaben davor um 2,18 Prozent nach. Intesa SanPaolo , BBVA , Deutsche Bank und BNP Paribas zeigten sich ebenfalls schwach. In London gaben die Anteilsscheine der Royal Bank of Scotland (RBS) um 1,87 Prozent nach.
Laut der Ratingagentur Fitch droht den europäischen Banken im Falle schärferer Regelungen für Staatsanleihen eine Kapitallücke in Milliardenhöhe. Im Extremfall müssten die EU-Geldinstitute ihr Kapitalpolster um bis zu 171 Milliarden Euro aufbessern. Davon kämen bis zu 135 Milliarden allein auf die Banken der Eurozone zu. Alternativ könnten sich die Geldhäuser in den Euroländern von Staatsanleihen im Umfang von 492 Milliarden Euro trennen.
Die Aktien von Fiat Chrysler verloren nach zeitweise deutlichen Gewinnen 0,62 Prozent. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf eingeweihte Kreise berichtet hatte, spricht der Autobauer mit dem umstrittenen Fahrdienst-Vermittler Uber und dem weltgrössten Online-Händler Amazon über eine mögliche Partnerschaft im Bereich selbstfahrender Fahrzeuge.
Die Pharmatitel Novartis und Roche gehörten trotz guter Produktnachrichten mit Verlusten von jeweils etwas mehr als 1 Prozent zu den unattraktivsten Werten im Stoxx-50-Index. Novartis hatte neue positive Daten zu seinem Schuppenflechte-Mittel Cosentyx angekündigt. Roche hatte von der Europäischen Kommission die Zulassung für sein Lungenkrebsmittel Avastin in Kombination mit dem Mittel Tarceva erhalten.
Die Papiere von Air France-KLM büssten 2,38 Prozent ein. Die Fluggesellschaft hatte durchwachsene Verkehrszahlen für Mai ausgewiesen: Während die Passagierzahl zum Vorjahreszeitraum um 3,8 Prozent auf 8,3 Millionen gestiegen war, war die Auslastung der Flugzeuge um 0,8 Prozentpunkte auf 84,1 Prozent gesunken. (awp/mc/pg)