Paris – Europas Börsen ist zum Handelsende am Montag der Schwung ausgegangen. Nachdem die wichtigsten Aktienindizes zunächst noch von der Aussicht auf weiterhin niedrige Zinsen in den USA profitiert hatten, schlossen sie nun leicht im Minus. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen nach der jüngsten Rally, zumal an der tonangebenden Wall Street wegen des Feiertags «Labor Day» kein Handel stattfindet.
Der EuroStoxx 50 stand am Ende 0,07 Prozent tiefer bei 3077,66 Punkten. Am Freitag hatte ein schwächer als gedacht ausgefallener US-Arbeitsmarktbericht den Anlegern an Europas Börsen noch Hoffnung auf vorerst weiter günstiges Notenbankgeld gemacht.
Der französische CAC 40 ging 0,02 Prozent niedriger bei 4541,08 Punkten aus dem Handel, nachdem er am späten Vormittag noch gut ein halbes Prozent gewonnen hatte. In London gab der FTSE 100 um 0,22 Prozent auf 6879,42 Zähler nach. Hier drückte der Kursanstieg des Britischen Pfunds gegenüber dem US-Dollar etwas auf die Stimmung. Eine starke Landeswährung belastet die Exportaussichten britischer Firmen, da sich dadurch ihre Produkte für ausländische Käufer verteuern können.
Der vom Forschungsinstitut Markit ermittelte Einkaufsmanagerindex zeigte derweil, dass sich die die allgemeine Unternehmensstimmung im August überraschend eingetrübt hatte. Dies habe aber Erwartungen geschürt, «dass die Europäische Zentralbank (EZB) lieber heute als morgen weitere Wachstumsanreize lanciert», sagte Markit-Chefökonom Chris Williamson.
Experten gehen davon aus, dass die EZB auf ihrer Sitzung am Donnerstag weitere Massnahmen gegen die Mini-Inflation beschliessen wird. Als wahrscheinlichste Variante gilt eine zeitliche Streckung des seit März 2015 laufenden Anleihekaufprogramms über März 2017 hinaus. Seit April 2016 steckt die Zentralbank monatlich 80 Milliarden Euro in Staatsanleihen und inzwischen auch Unternehmenspapiere. Das viele billige Geld soll im Idealfall die Konjunktur ankurbeln und auch die Inflation anheizen – und hilft den Aktienmärkten ebenso wie niedrige Zinsen.
Im europäischen Branchenvergleich favorisierten die Anleger die Aktien von Öl- und Gasunternehmen : Der Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 gewann dank deutlich steigender Ölpreise 0,95 Prozent. Zuvor hatten Spekulationen über ein gemeinsames Vorgehen von Saudi-Arabien und Russland im Kampf zur Stützung der Ölpreise die Kurse angetrieben.
Kursbewegende Unternehmensnachrichten hingegen waren zum Wochenauftakt Mangelware. Immerhin will der spanische Telekomkonzern Telefonica seine Netzwerksparte und seine britische Tochter O2 nun voraussichtlich doch an die Börse bringen. Bei O2 könne es aber weiterhin auch auf einen Teilverkauf an einen strategischen Investor hinauslaufen, sagte Verwaltungsratschef Jose Maria Alvarez-Pallete vor Journalisten. Die Anleger reagierten positiv und die Aktien von Telefonica stiegen an der EuroStoxx-Spitze um 1,72 Prozent.
An der Spitze des CAC 40 kletterten die Papiere des Stahlproduzenten ArcelorMittal um 2,74 Prozent auf 5,585 Euro nach oben. China hatte sich im Kreis der G20-Staaten der Forderung des Westens angeschlossen, gegen Überkapazitäten im Stahlsektor und anderen Industriezweigen vorzugehen. Eine künstliche Überproduktion und andere strukturelle Probleme hätte «negative Auswirkung auf Handel und Arbeitsplätze verursacht», hiess es im Entwurf der Abschlusserklärung des G20-Gipfels im ostchinesischen Hangzhou.
In London waren Bankaktien nach einer negativen Studie der Deutschen Bank nicht gut gelitten. So büssten Royal Bank of Scotland (RBS) am Ende des FTSE 100 rund 3,5 Prozent ein und Lloyds Banking Group fielen um mehr als 2 Prozent. Längerfristig niedrigere Leitzinsen in Grossbritannien seien für den britischen Bankensektor auf lange Sicht klar negativ, schrieb Analyst David Lock. (awp/mc/pg)