London – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Anlegern am Dienstag erneut eine Freude gemacht: Die Ankündigung, dass Anleihekäufe aus den Sommermonaten vorgezogen werden sollen, sorgte an Europas Börsen für kräftige Kursgewinne. Der EuroStoxx 50 schloss mit plus 2,05 Prozent bei 3662,77 Punkten leicht unter Tageshoch. Das war der höchste Schlussstand seit Ende April. Der Cac 40 gewann in Paris 2,09 Prozent auf 5117,30 Punkte. Der britische FTSE 100 stieg dagegen nur um 0,38 Prozent auf 6995,10 Punkte.
Weil der Handel am Anleihemarkt von Mitte Juli bis August meist recht dünn sei, werde ein Teil der Käufe bereits im Mai und Juni erfolgen, sagte EZB-Direktor Benoit Coeure. In der Folge ging es am Aktien- und Anleihemarkt deutlich nach oben, während der Euro weiter geschwächt wurde und bis zum Abend 1,1146 US-Dollar kostete. Die zuletzt tiefen Sorgenfalten der Anleger an den Aktienmärkten über steigende Renditen der Anleihen und die Währungsaufwertung glätteten sich etwas, denn steigende Anleiherenditen machen Aktien schrittweise weniger attraktiv. Ein Anstieg des Eurokurses wiederum kostet Gewinne im Export.
Besonders profitierte die Autobranche mit plus 3,57 Prozent vom neuerlichen Druck auf die Gemeinschaftswährung. Sie trotzte damit aktuellen Absatzzahlen vom europäischen Automarkt, der im April nach dem deutlichen Verkaufserfolg im Vormonat einen Gang zurückgeschaltet hatte. Die Vorzugsaktien von VW übernahmen mit plus 4,88 Prozent den Spitzenplatz im EuroStoxx. Im Cac 40 waren die Aktien von Renault mit plus 5,12 Prozent Tabellenführer. Fiat Chrysler gewannen dagegen im FTSE MIB nur durchschnittliche 2,19 Prozent.
Die einzige Branche Europas mit Verlusten war die der Rohstoffwerte. Ihr Index sank um 0,85 Prozent. Hier belastete ein Verlust von 3,93 Prozent bei den Aktien von BHP Billiton. Analyst Ash Lazenby von der britischen HSBC hatte empfohlen, die Papiere des Bergbaukonzerns nach der Abspaltung von South32 zu reduzieren. Den nun übrig gebliebenen neuen BHP-Konzern, in dem Öl, Eisenerz und Basismetalle die Hauptrolle spielten, hält er für hoch bewertet.
Deutlich nach unten ging es auch für Vodafone mit minus 3,20 Prozent. Der britische Mobilfunkkonzern bleibt trotz des zuletzt leichten Aufschwungs bei seinen Geschäften vorsichtig. Die Geschäftszahlen seien zwar nicht schlecht gewesen, sagte ein Börsianer, das Umfeld bleibe jedoch sehr herausfordernd und von starkem Wettbewerb geprägt. Analyst Ottavio Adorisio von der französischen Societe Generale blieb bei seiner Verkaufsempfehlung. Der Chef von Vodafone Deutschland, Jens Schulte-Bockum, verlässt überdies überraschend den Telekommunikationskonzern. (awp/mc/upd/ps)