London – Fortschritte im US-chinesischen Handelsstreit haben Europas Börsen einen freundlichen Wochenstart beschert. Der EuroStoxx 50 war am Montag zwischenzeitlich erstmals seit Anfang Mai über die Marke von 3500 Punkte gesprungen. Am Ende stand der europäische Leitindex 0,69 Prozent höher bei 3497,59 Punkten. Vor allem Halbleiter- und Technologiewerte profitierten vom Ausgang des Treffens zwischen US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Wochenende.
Das an den Börsen vielbeachtete Gespräch der beiden Staatsoberhäupter im Rahmen des G-20-Gipfels hatte einen «Waffenstillstand» im Handelsstreit und die Entscheidung für neue Verhandlungen zur Beilegung des Konflikts gebracht. Überraschend hob Trump dabei den Bann gegen Chinas Telekomriesen Huawei vorerst auf. Außerdem sicherte der US-Präsident zu, die angedrohte Ausweitung der Strafzölle gegen China vorläufig auszusetzen, was eine Vorbedingung Pekings gewesen sein soll.
Auch die Anleger an den Börsen Paris und London reagierten erleichtert. Für den französischen Cac 40 ging es um 0,52 Prozent auf 5567,91 Punkte nach oben. Der britische Leitindex FTSE 100 stieg um 0,97 Prozent auf 7497,50 Punkte.
Beide Seiten hätten einen starken Anreiz, weitere Gegenschläge im US-chinesischen Handelsstreit zu vermeiden, kommentierte Investment-Chef Mark Haefele von der UBS Global Wealth Management. Dennoch dürften weder Trump noch Xi Jinping eine übereilte Einigung herbeiführen wollen. Beide Staatslenker schienen jeder für sich darauf zu setzen, «dass sie starke Karten in der Hand haben.»
Etwas skeptischer äusserte sich Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank: «Euphorie ist fehl am Platz. Der Weg ist noch weit, denn die zugrunde liegenden strategischen Spannungen zwischen den USA und China werden sich nicht plötzlich in Luft auflösen.» Letztlich gehe es auch um die zukünftige Vormachtstellung zweier Supermächte. Es sollte bedacht werden, dass die Falken in der US-Administration weiterhin versuchen würden, die Handelsgespräche zu untergraben und den Druck auf Huawei möglichst hoch zu halten.
Europaweit kletterten die Technologiewerte mit einem Kursplus von 1,92 Prozent am stärksten. Auch fast alle anderen Sektoren verzeichneten Zuwächse, nur der Index der Nahrungsmittel- und Getränkehersteller lag leicht im Minus. Die Aktien aus dieser Branche gelten als relativ defensiv und waren insofern in dem guten Börsenumfeld kaum gefragt.
Im EuroStoxx liefen die Aktien des Ausrüsters ASML, der Anlagen für die Chipindustrie herstellt, mit einem Aufschlag von gut 3 Prozent vorneweg. An der Pariser Börse zogen die Papiere von STMicro um mehr als 4 Prozent an. Damit hatten sie im Cac 40 die Nase vorn.
Die Kurse der Netzwerkausrüster aber hatten im Handelsverlauf unter dem unterbrochenen Huawei-Bann gelitten, denn die Chinesen sind ein Wettbewerber beim Aufbau der 5G-Netwerke. Ericsson schlossen nur moderat höher und Nokia schafften am Ende noch ein Plus von rund 1 Prozent.
Gewinnmitnahmen liessen unterdessen die Aktien des Brillenkonzerns EssilorLuxottica mit minus 1 Prozent an das Ende des EuroStoxx fallen. Am Morgen hatten die Papiere noch den höchsten Stand seit Mitte November 2018 erreicht. (awp/mc/ps)