Paris – Die Rekordjagd an der Wall Street hat am Freitag auch die Anleger an Europas Börsen infiziert. Die Kurse legten auf breiter Front zu, der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg um 0,81 Prozent auf 3430,81 Punkte auf das höchste Niveau seit Ende August.
Vom jüngsten Tief von vor zwei Wochen hat sich der EuroStoxx um fast 5 Prozent erholt. Auf Wochensicht steht damit ein Plus von 2,58 Prozent zu Buche. Ein noch deutlicheres Wochenplus hatte der Index zuletzt im März geschafft.
Für den französischen Cac 40 ging es am Freitag um 0,78 Prozent auf 5494,17 Punkte nach oben. Der britische FTSE 100 («Footsie») zog auch dank der Schwäche des Pfunds sogar um 1,67 Prozent auf 7490,23 Zähler an. Eine nachgebende Heimatwährung kann den Export britischer Waren ankurbeln.
Das Pfund wiederum litt unter verschlechterten Aussichten für einen geordneten Austritt von Grossbritannien aus der Europäischen Union. Die Brexit-Verhandlungen befänden sich in einer Sackgasse, sagte Premierministerin Theresa May.
Der US-Leitindex Dow Jones Industrial und der marktbreite S&P 500 hatten sich zuletzt zu neuen Höchstmarken aufgeschwungen und dabei von positiven Konjunkturdaten profitiert. Mit diesem Rückenwind hatten dann auch die fernöstlichen Börsen kräftig zugelegt.
Im Handelskonflikt zwischen den USA und China waren derweil keine neuen Drohungen zu vernehmen. «Insgesamt scheint der Streit an den Märkten etwas an Bedeutung zu verlieren», sagte Analyst Christian Schmidt von der Landesbank Helaba.
Der Experte machte darauf aufmerksam, dass die Kursgewinne an Europas Börsen auch vom sogenannten grossen Verfall getrieben sein könnten. Zu diesem auch «Hexensabbat» genannten vierteljährlichen Termin liefen an den Derivatebörsen Optionen und Terminkontrakte auf die grossen Indizes aus. Investoren versuchen an diesem Tag oft, die Kurse in die für sie vorteilhafte Richtung zu bewegen.
Der Rohstoffsektor lag auf dem europäischen Branchentableau vorn mit einem Plus von 1,71 Prozent. Er gilt als besonders sensibel gegenüber konjunkturellen Entwicklungen.
In der Halbleiterbranche schlossen STMicroelectronics und ASML gegen den Trend nur wenig verändert. Ein verhaltener Ausblick des grössten US-Herstellers von Memory-Chips Micron Technology hatte etwas auf die Stimmung gedrückt. Die Micron-Papiere verloren zuletzt in New York mehr als 2 Prozent.
In die noch immer recht junge Branche der europäischen Essensauslieferer ist neuer Schwung gekommen. Der US-Fahrdienstvermittler Uber ist informierten Kreisen zufolge an einem Kauf des in London ansässigen Essenslieferdienstes Deliveroo interessiert. Diese Nachricht war für die Anleger des Kontrahenten Just Eat nur schwer verdaulich: Der Kurs des ebenfalls in London residierenden Online-Services für Essensbestellungen und -auslieferungen rutschte am «Footsie»-Ende um knapp 5 Prozent auf das tiefste Niveau seit rund einem Jahr. Deliveroo sei der aggressivste Wettbewerber von Just Eat, sagte Analyst Rob Joyce von Goldman Sachs, und könne gemeinsam mit Uber noch stärker werden.
Ebenfalls an der Londoner Börse büssten die Papiere der Smiths Group mehr als 4 Prozent ein. Der Hersteller von Industrieanlagen war mit dem Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr hinter den Erwartungen zurückgeblieben. (awp/mc/pg)