London – Eine Erholungsrally an den wichtigsten Börsen Europas hat am Freitag die Vortagesverluste wieder mehr als wettgemacht. Während zunächst Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch im Zollstreit zwischen den USA und China Auftrieb gaben, keimte am Nachmittag mit einem starken US-Arbeitsmarktbericht wieder etwas Konjunkturoptimismus auf. Mut machten dabei auch Aussagen des US-Notenbank-Präsidenten Jerome Powell.
Das Gemisch aus all diesen erfreulichen Nachrichten liess die Kurse nach den jüngsten Unsicherheiten regelrecht explodieren. Der EuroStoxx 50 schoss um 2,95 Prozent auf 3041,85 Punkte nach oben. Höher war sein Tagesgewinn seit Mitte April 2017 nicht mehr gewesen. Im Wochenverlauf ergibt sich für den Leitindex der Eurozone damit ein Plus von 1,85 Prozent. Der Auftakt in das gerade begonnene neue Jahr gestaltet sich so doch noch erfreulich.
Auch europaweit zeigten sich die Börsen am Freitag deutlich im Plus: Der französische Cac 40 stieg um 2,72 Prozent auf 4737,12 Punkte. Der britische FTSE 100 kletterte um 2,16 Prozent auf 6837,42 Punkte.
Zum Wochenanfang soll es endlich erste direkte Verhandlungen zwischen China und den USA geben, seit US-Präsident Donald Trump Anfang Dezember die Vereinbarung eines gegenseitigen «Waffenstillstands» im Zollstreit bekannt gegeben hatte. Laut einer Mitteilung aus China wird am Montag eine US-Delegation zu zweitägigen Gesprächen erwartet. Ausserdem kam es an den weltweiten Aktienmärkten gut an, dass die chinesische Notenbank die Kapitalanforderungen an die Banken des Landes erneut senken will.
Aus den USA selbst wurden darüber hinaus überraschend robuste Arbeitsmarktdaten für Dezember samt eines weiteren Lohnanstiegs gemeldet, während Fed-Chef Powell zugleich ein weiterhin umsichtiges Vorgehen bei der Straffung der Geldpolitik signalisierte. Die Währungshüter hörten genau auf Sorgen an den Finanzmärkten und seien bereit, «falls nötig, die Bilanzpolitik zu ändern», sagte er.
Unter den einzelnen Branchen in Europa gab es keine Verlierer. Der Sektor der zuletzt stark unter Druck geratenen Bergbauwerte war mit einem Kurssprung um 5,4 Prozent der Spitzenreiter an diesem Tag. Eine Lösung im Handelskonflikt käme einem Befreiungsschlag gleich, denn so könnte zumindest ein wichtiger Bremsklotz für die Weltwirtschaft aus dem Weg geräumt werden.
Ausserdem waren die konjunktursensiblen Branchen Automobil, Industrie, und Banken mit Anstiegen zwischen 3,9 und 4,5 Prozent stark gefragt. Doch auch die als defensive geltenden Sektoren für Telekom- sowie Versorgerwerte legten um 1 Prozent zu.
Unter den Einzelwerten konnten indes die Papiere des Spirituosenkonzerns Diageo nicht von der euphorischen Börsenstimmung profitieren, sondern schlossen nahezu unverändert. Im Lebensmittelsektor hält Bernstein Research die Bewertung der Aktie inzwischen für ausgereizt. Analyst Trevor Stirling stufte sie daher auf «Underperform» ab. (awp/mc/ps)