Paris – Mit kräftigen globalen Kursverlusten sind die Aktienmärkte am Mittwoch aus dem Handel gegangen. Wie oft befürchtet schlugen sich Verluste an Wall Street verstärkt in Europa und besonders im DAX nieder. Sorgen um stärkere Zinserhöhungen in den USA und Druck auf die Gewinnmargen, der Streit um den italienischen Schuldenhaushalt, der weiter schwelende Handelskonflikt USA/China, der nahende Brexit und nun auch noch Wachstumssorgen und Gewinnwarnungen prasselten auf die Märkte. «Nirgends leuchtet eine grüne Lampe», sagte ein Händler. Selbst Öl und Gold wurden verkauft.
Die Skepsis gegenüber der italienischen Haushaltspolitik und der exorbitant hohen Staatsverschuldung des Landes sorgt weiter für Zurückhaltung unter den Anlegern. «Die Regierung in Rom befindet sich weiterhin auf Konfrontationskurs zur Europäischen Union, was für Unsicherheit sorgt», sagte Marktanalyst Milan Cutkovic von AxiTrader. «Da es sich aber immerhin um die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone handelt, ist die Nervosität der Anleger verständlich.» Am Markt für italienische Staatsanleihen kam es am Mittwoch erneut zu kräftigen Kursverlusten und im Gegenzug zu einem starken Anstieg der Risikoaufschläge für festverzinsliche Wertpapiere.
Der Leitindex der Eurozone weitete am Nachmittag seine Verluste aus und schloss 1,65 Prozent tiefer bei 3266,90 Punkten. Das bisherige Jahrestief von Ende März bei 3261,86 Zählern ist damit sehr nahe. Noch größere Verluste von 2,11 Prozent auf 5206,22 Punkte verbuchte der Pariser Cac 40 . Für den Londoner FTSE 100 ging es um 1,27 Prozent auf 7145,74 Punkte abwärts.
Einen Auslöser machten Händler in den US-Erzeugerpreisen aus, die einen abermaligen Anstieg des Preisdrucks im September zeigten und damit die US-Börsen belasteten. Das annualisierte Plus von 2,6 Prozent liegt weit über dem Inflationsziel der Fed. Dazu kam es auch auf Unternehmensebene zu immer mehr Gewinnwarnungen, so im Chemiesektor von PPG Industries und Trinseo, die fast 17 Prozent einbrachen. BASF fielen um 2,2 Prozent, Linde um 3,5 Prozent und Covestro um 3,6 Prozent.
«Das weckt Konjunktursorgen und zeigt, dass die Margen in die Mangel genommen werden», sagte ein Händler mit Verweis auf die Aktien der Containerreederei Hapag-Lloyd, deren Kurs um über 7 Prozent fiel. Deutlich im Minus lagen auch die Autowerte und andere konjunkturnahe Branchen mit Abgaben von bis zu 2 Prozent bei VW. Bei den Versorgern setzte sich die Talfahrt von RWE mit 3,2 Prozent Minus fort. Die Stoxx-Sektor-Indizes von Rohstoff- und Technologiewerten verbuchten Verluste von sogar um die 4 Prozent.
Im Chip- und Technologiesektor fielen STMicro, ASML und Dialog Semiconductor um bis zu 5,8 Prozent. Im DAX gaben Infineon um 4,4 Prozent nach. Neben den schwachen Vorgaben der Nasdaq und den deutlich gestiegenen Anleihezinsen litt auch dieser Sektor unter Hiobsbotschaften von Unternehmen. So meldete die schweizerische VAT Group, ein Hersteller von Vakuum-Bauteilen für die Halbleiterindustrie, Kurzarbeit an. VAT brachen über 10 Prozent ein und zogen Pfeiffer Vacuum fast 7 Prozent tiefer. Allerdings verzeichneten auch viele andere Titel im TecDAX deutliche Verluste: Unter anderem gaben Bechtle und Nemetschek bis zu knapp 8 Prozent nach. Wirecard im DAX brachen erneut um 14 Prozent ein, SAP verloren 4,9 Prozent.
Selbst Luxus nicht mehr gefragt – Nur noch Telekomwerte und Banken gesucht
Unter Druck stand nach einer Abstufung auf «Untergewichten» durch Morgan Stanley der Luxusgütersektor. Selbst die LVMH-Aktie brach über 7 Prozent ein, obwohl der Luxusgüterkonzern solide Umsatzzahlen gemeldet hatte. Beobachter bemängelten allerdings, LVMH habe Zweifel an der Konsumfreude der für die Branche so wichtigen chinesischen Käufer nicht ausräumen können. Kering verloren fast 10 Prozent, Burberry gut 8 Prozent und Hugo Boss 6,5 Prozent.
Gesucht war nur der Telekomsektor, der mit einem Plus von fast 2 Prozent mit grossem Abstand die Liste der Branchengewinner anführte. «Das ist so ziemlich der einzige Sektor ohne Klagerisiko mit stabilen und mehr oder weniger konjunkturunabhängigen Gewinnen», sagte ein Händler. Altice legten um 4,6 Prozent zu, BT Group um 3,6 Prozent und Deutsche Telekom um 2,7 Prozent. Zumeist im Plus zeigte sich auch der Bankensektor, der von steigenden Zinsen profitiert.(awp/mc/cs)