London – Die europäischen Aktienmärkte haben ihre Erholung nach dem Brexit-Schock auch zum Wochenschluss mit deutlichen Kursgewinnen fortgesetzt. Die Anleger vertrauen offenbar auf die internationalen Notenbanken, die nach dem Brexit ihre Geldschleusen weit geöffnet halten dürften. Bereits am Donnerstag hatte der Chef der Bank of England, Mark Carney, eine weitere geldpolitische Lockerung in Aussicht gestellt. Robuste Konjunkturdaten aus den USA sorgten am Freitag ebenfalls für Rückenwind.
Der EuroStoxx 50 schloss mit einem Plus von 0,64 Prozent bei 2’883,06 Punkten. Damit setzte sich die Gewinnsträhne der vergangenen vier Tage fort. Zuvor war der Leitindex der Eurozone wegen des Brexit-Schocks innerhalb zweier Handelstage allerdings auch um über 11 Prozent eingebrochen. Auf Wochensicht legte er um 3,85 Prozent zu.
Der Pariser CAC-40-Index stieg am Freitag um 0,86 Prozent auf 4’273,96 Punkte. Für den Londoner FTSE 100 ging es um 1,13 Prozent nach oben auf 6’577,83 Punkte. Schon am Vortag war er über das Niveau vor der Bekanntgabe des Referendum-Ergebnisses geklettert; er steht nun so hoch wie im August vergangenen Jahres.
Im Juni hatte sich die Stimmung in den Industrieunternehmen des Euroraums stärker aufgehellt als erwartet. «Da die Daten jedoch vor dem britischen EU-Referendum erhoben wurden, dürften sich mögliche Auswirkungen eines Brexit wohl erst in den kommenden Monaten in den Daten niederschlagen», erklärte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson.
Vor allem bei Autowerten griffen Anleger am Freitag wieder zu. Der Sektor stieg bis zum Handelsschluss um 3,48 Prozent. Allerdings hatten Autoaktien auch zu den grössten Kursverlierern direkt nach der Bekanntgabe des Brexit-Votums gehört. An der Spitze im Eurostoxx standen mit Volkswagen und BMW zwei deutsche Autobauer; Daimler folgte auf dem vierten Rang. Die Gewinne lagen zwischen 2 und 5 Prozent.
Auch Im französischen CAC-40-Index belegten die Papiere von Autobauern mit PSA Peugeot Citroen und Renault vordere Plätze. Spitzenreiter war aber der Stahlkonzern ArcelorMittal mit einem Plus von 7,55 Prozent. Europaweit zogen Stahlwerte an.
Schwach zeigten sich dagegen Aktien aus dem Technologiesektor und der Versorgerbranche. Die Papiere des Chipausrüsters ASML verloren im Eurostoxx bis zum Handelsschluss 0,34 Prozent. Die Stimmung in der Branche wurde von schwachen Zahlen des US-Konkurrenten Micron Technology gedämpft.
Am Ende des Eurostoxx lagen indes zwei italienische Banken: Die Aktien von Intesa SanPaolo und Unicredit verloren 1,29 beziehungsweise 4,92 Prozent. Am Vortag hatte der Verwaltungsrat den französischen Manager Jean-Pierre Mustier zum neuen Chef der Unicredit bestellt, zu der auch die deutsche Hypovereinsbank gehört.
Im Londoner «Footsie» gewannen die Aktien der Goldminenbetreiber Fresnillo und Randgold 7,06 beziehungsweise 5,73 Prozent. Händler verwiesen dazu auf den weiter anziehenden Goldpreis. (awp/mc/upd/ps)