Paris – Europas Börsen haben ihre Erholungsrally nach einer Verschnaufpause am Donnerstag fortgesetzt. Neben guten Unternehmensnachrichten sorgten neue Rekordstände an der Wall Street für Auftrieb. Den überraschenden Verzicht der britischen Notenbank auf eine Zinssenkung steckten die wichtigsten Indizes locker weg – lediglich der Londoner Aktienmarkt rutschte moderat ins Minus.
Der EuroStoxx 50 schloss 1,26 Prozent höher bei 2963,07 Punkten. Damit knüpfte der Leitindex der Eurozone an seine fünftägige Erholungsrally an, die er zur Wochenmitte unterbrochen hatte. Den rund elfprozentigen Kursrutsch nach dem Brexit-Schock hat er inzwischen grossteils aufgeholt. Für den CAC-40-Index in Paris ging es am Donnerstag um 1,16 Prozent auf 4385,52 Punkte hoch.
Dagegen verabschiedete sich der Londoner FTSE-100-Index 0,24 Prozent tiefer bei 6654,47 Zählern aus dem Handel. Er hatte sich seit dem britischen Votum für einen EU-Ausstieg deutlich besser entwickelt als die anderen Börsenindizes und die Verluste binnen weniger Tage abgeschüttelt – auch dank des Kurssturzes beim britischen Pfund, der den Export heimischer Produkte begünstigt.
Die überwiegend freundliche Börsenstimmung begründete Analyst Jasper Lawler von CMC Markets mit der schnellen Regierungsumbildung in London unter der neuen Premierministerin Theresa May. Dadurch hätten die Unsicherheiten über die Folgen des Brexit-Schocks etwas abgenommen.
Dagegen habe die Entscheidung der Bank of England, zumindest vorerst auf eine Zinssenkung zu verzichten, das Londoner Börsenbarometer «von seinem hohen Ross heruntergeholt», so der Experte weiter. Er wies darauf hin, dass der FTSE 100 zuletzt auf den höchsten Stand seit dem vergangenen August geklettert war.
Die Londoner Währungshüter stellten indes eine Lockerung ihrer Geldpolitik im August in Aussicht. Allerdings werde es keine neuen Wertpapierkäufe zur Stützung der Konjunktur geben. Bei den Experten, die mehrheitlich schon aktuell eine Senkung des Leitzinses erwartet hatten, stiessen die Entscheidungen auf ein geteiltes Echo.
Im europäischen Branchenüberblick führten die zuletzt starken Banken- und Autoaktien nach dem Rückschlag vom Vortag die Gewinnerliste an: Die Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 legten um 2,48 beziehungsweise 2,23 Prozent zu.
Zu den wenigen Verlierern gehörten die als defensiv geltenden Pharma- und Versorgertitel, die eher in einem schwachen Marktumfeld glänzen: Die Branchenindizes fielen um 0,31 beziehungsweise 0,11 Prozent zurück. Der Index der Medienunternehmen komplettierte mit minus 0,16 Prozent das Verliererfeld.
Der Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus blieb mit einem Kursanstieg von 0,49 Prozent hinter dem starken Gesamtmarkt zurück. Konzern-Chef Fabrice Brégier hofft für die Zukunft des Riesenfliegers A380 auch nach der geplanten Produktionskürzung weiter auf die arabische Fluglinie Emirates.
Der Übernahmehunger von Europas grösstem Hotelkonzern Accor ist derweil noch lange nicht gestillt. «Wir treiben die Marktkonsolidierung voran», sagte Zentraleuropachef Laurent Picheral der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Accor sei bereit, viele Gelegenheiten beim Schopf zu packen, denn grosse Anbieter würden künftig an Bedeutung gewinnen. Bei den Anlegern kam dies aber nicht gut an: Die Aktien verloren 0,69 Prozent. (awp/mc/pg)