London / Paris / Mailand / Madrid – Die europäischen Aktienmärkte haben am Freitag erleichtert auf die vorzeitige politische Lösung in Italien reagiert und kräftig zugelegt. Der italienische Leitindex FTSE MIB gewann 1,49 Prozent auf 22 109,55 Punkte. Der EuroStoxx 50 ging mit einem Aufschlag von 1,38 Prozent auf 3453,54 Punkten ins Ziel. Auf Wochensicht bedeutet dies für den Leitindex der Eurozone jedoch ein Minus von 1,8 Prozent.
In Italien kommt mit der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega erstmals eine europakritische Regierung an die Macht unter Führung des parteilosen Juristen Giuseppe Conte. Sie wurde bereits von Staatspräsident Sergio Mattarella vereidigt. Mit Neuwahlen wäre vermutlich eine Verschärfung antieuropäischer Positionen einher gegangen, kommentierte Analyst Giovanni Montalti von der Schweizer Bank UBS. Dieses Szenario sei nun vermieden worden. Zudem habe sich Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella mit seinem Vorgehen bei der Besetzung wichtiger Kabinettsposten als «Anker Italiens in Europa» erwiesen.
In Madrid stieg der Ibex 35 um 1,76 Prozent. Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy wurde dort per Misstrauensvotums abgewählt. Für den französischen CAC 40 ging es um 1,24 Prozent auf 5465,53 Punkte hoch. Der britische FTSE 100 gewann 0,31 Prozent auf 7701,77 Punkte.
Europaweit zählten die als stark von der Kursentwicklung bei Staatsanleihen abhängigen Bank- und Versicherungsaktien zu den grössten Gewinnern. Die entsprechenden Branchenindizes zogen als beste in der Stoxx-600-Übersicht um 2,07 beziehungsweise 1,65 Prozent an. Italiens Anleihemarkt sendete weitere Signale der Entspannung. Im EuroStoxx belegten die Aktien der spanischen Banco Santander und der italienischen Intesa Sanpaolo die vorderen Plätze mit plus 3,32 und 3,30 Prozent.
Beim italienisch-amerikanischen Autobauer Fiat Chrysler spielt die italienische Kernmarke Fiat künftig eine geringere Rolle. Der scheidende Konzernchef Sergio Marchionne setzt in seinem neuen Fünfjahresplan vor allem auf die Marken Jeep, Alfa Romeo, Maserati und die noch recht junge Chrysler-Marke Ram. Zudem gibt Marchionne den Konzern nun schuldenfrei in neue Hände.
Für die in Mailand gehandelten Anteile ging es dennoch um 4,53 Prozent nach unten. Sie waren an den vorangegangenen Tagen aber kräftig gestiegen, als Meldungen zur neuen Strategie bereits durchgesickert waren. Daher nahmen Anleger nun erst einmal Gewinne mit. Im Monat Mai verkaufte der Hersteller in den USA zudem mehr Fahrzeuge als von Experten erwartet. (awp/mc/ps)