London – Europas Börsen haben am Montag von freudigen Erwartungen an die baldige Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) profitiert. Nach einhelliger Einschätzung von Volkswirten werden Europas Währungshüter am Donnerstag im Kampf gegen die zu niedrige Inflation ihre Geldpolitik weiter lockern. Damit blieben Aktien gegenüber festverzinslichen Wertpapieren weiterhin eine attraktive Anlage.
Der EuroStoxx 50 drehte nach einem schwachen Start schnell ins Plus und schloss 0,50 Prozent fester bei 3506,45 Punkten. Damit erreichte der Leitindex der Eurozone den höchsten Stand seit Mitte August – auf Monatssicht schaffte er ein Plus von über zweieinhalb Prozent.
Ähnlich erfreulich entwickelten sich der CAC-40-Index in Paris, der zum Wochenauftakt letztlich um 0,56 Prozent auf 4957,60 Punkte zulegte, und die Börsen in Mailand und Madrid. Ausserhalb der Eurozone gab hingegen der Londoner FTSE-100-Index um 0,30 Prozent auf 6356,09 Punkte nach.
EZB-Präsident Mario Draghi dürfte die Erwartungen der Anleger nicht enttäuschen, sagte ein Analyst. Allerdings preisten die aktuell hohen Börsenkurse bereits relativ aggressive Schritte der Währungshüter ein. Einige Investoren könnten daher im Vorfeld Aktien kaufen und anschliessend Kasse machen, falls sich ihre Hoffnungen erfüllten.
Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg erwartet keiner der befragten Bankvolkswirte, dass die EZB ihre bisherige Geldpolitik beibehalten wird. Uneins sind die Experten jedoch, welche Massnahmen die EZB im Kampf gegen die zu niedrige Inflation ergreifen wird. Draghi hatte bereits auf der letzten Sitzung angekündigt, dass man die bisherige Geldpolitik im Dezember überprüfen wolle, um die sich nahe um die Nulllinie bewegende Inflationsrate so schnell wie möglich wieder nach oben zu treiben.
Die Mehrheit der Beobachter erwartet sowohl eine Ausweitung des Anleihekaufprogramms als auch eine Senkung des Einlagensatzes, da nur so die Finanzmärkte beeindruckt werden könnten. Im Schnitt erwarten die Experten, dass der Einlagensatzes auf minus 0,3 Prozent fällt. Schliesslich hat die Notenbank in ihrem letzten Protokoll festgestellt, dass negative Zinssätze anderer Notenbanken keine grösseren Schwierigkeiten bereitet hätten. Viele Beobachter schliessen auch eine noch weitergehende Senkung nicht aus.
Aus Branchensicht hatten Autotitel die Nase vorn: Der Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 gewann 2,27 Prozent. Die stark exportabhängigen Autobauer und -zulieferer profitierten besonders deutlich vom weiter schwachen Euro, der ihre Produkte für Käufer ausserhalb des Währungsraums verbilligt.
Der noch im frühen Handel schwache Rohstoffwerte-Index gehörte am Ende mit plus 1,36 Prozent ebenfalls zu den grössten Gewinnern. Die Aktien von BHP Billiton verloren indes gegen den guten Branchentrend 1,32 Prozent. Medienberichten zufolge will die brasilianische Regierung nach dem Dammbruch in einem Eisenerz-Bergwerk von den Betreibern BHP und Vale 20 Milliarden Reais (5 Mrd. Euro) zur Säuberung eines verseuchten Flusses fordern.
Derweil belegte der Versorger-Index mit minus 0,32 Prozent den letzten Platz im Branchentableau. Hier belastete auch eine negative Studie des Analysehauses Kepler Cheuvreux. (awp/mc/upd/ps)