London – Die jüngsten Nachrichten aus der Ukraine und Russland haben Europas Börsen am Donnerstag nicht nachhaltig belastet. Bis zum Handelsende konnten sich die wichtigsten Indizes dank des moderaten Rückenwinds von den US-Aktienmärkten deutlich von ihren Tagestiefs erholen.
Der EuroStoxx 50 dämmte seine Verluste ein und notierte zum Schluss noch 0,42 Prozent tiefer bei 3134,94 Punkten. Der Cac 40 in Paris machte sein Minus praktisch wett und trat letztlich mit einem Minus von 0,01 Prozent auf 4396,39 Punkte auf der Stelle. Der Londoner FTSE-100-Index schaffte es sogar in die Gewinnzone und verabschiedete sich 0,16 Prozent höher bei 6810,27 Punkten.
Die Anleger sorgten sich laut Marktanalyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets, dass die Situation in der Ukraine ausser Kontrolle geraten könnte. Nach dem Machtwechsel in dem Land spitzt sich die Situation auf der Halbinsel Krim zu: Bewaffnete besetzten die Gebäude von Regionalregierung und Parlament in Simferopol. Drohgebärden aus Moskau nährten zusätzliche Sorgen.
Etwas Auftrieb gab dann im späten Handel die Wall Street. Hier stützten Aussagen der US-Notenbankchefin Janet Yellen, dass die Fed ihre milliardenschweren Geldspritzen in massvollen Schritten weiter verringern werde. Dazu kamen insgesamt positiv bewertete Konjunkturdaten. Während die US-Aufträge für langlebige Güter im Januar nicht so stark wie erwartet gesunken waren, waren die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche unerwartet angezogen. Analyst Johannes Jander von der Helaba zufolge dürften angesichts der insgesamt robusten Entwicklung keine ernsthaften Zweifel am Wachstumsszenario der USA aufkommen.
Im Fokus stand in Europa eine Reihe von Unternehmenszahlen. Die Versicherertitel zeigten sich nach negativ aufgenommenen Geschäftsresultaten der Allianz am schwächsten: Im Stoxx Europe 600 gab der Subindex um 0,73 Prozent nach. Die Aktien des deutschen Branchenvertreters büssten als zweitschwächster EuroStoxx-Titel 2,29 Prozent ein.
Dagegen legte der Index für die Energieunternehmen dank GDF Suez an der Spitze der Branchenübersicht um 1,08 Prozent zu. Der französische Versorger hatte zwar unter der Krise in der Energiebranche gelitten und wegen Milliardenabschreibungen auf Kraftwerke und Energiespeicher im vergangenen Jahr einen hohen Verlust verbucht. Doch der operative Gewinn übertraf die Analystenerwartungen, was der Aktie Gewinne von 6,04 Prozent und die Führungsposition im Eurozonen-Leitindex bescherte. Ein Börsianer hob zudem die erhöhten Ziele für 2014 als Antrieb hervor.
Schlusslicht im EuroStoxx 50 waren die Essilor-Aktien mit minus 3,21 Prozent. Der französische Brillenglashersteller will zwar nach moderaten Zuwächsen 2013 im laufenden Jahr wieder stärker zulegen. Wegen des starken Euro war der Umsatz im vergangenen Jahr aber wie bereits gemeldet nur um anderthalb Prozent geklettert, genau wie der operative Gewinn. Einem Börsianer zufolge haben die Ergebnisse die Marktprognosen verfehlt. Ein anderer stufte zudem den Ausblick der Franzosen als «etwas schwach» ein.
Bei Telefonica sorgte die Zahlenvorlage für Kursverluste von 2,05 Prozent. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (OIBDA) war 2013 um zehn Prozent gesunken, bereinigt aber annähernd stabil geblieben. Unter dem Strich war der Überschuss dank Unternehmensverkäufen um 17 Prozent hochgesprungen, was mehr war als von Analysten im Schnitt erwartet.
Der Tabakkonzern British American Tobacco (BAT) hatte im abgelaufenen Geschäftsjahr von Preiserhöhungen profitiert und trotz sinkender Zigarettenverkäufe den Gewinn gesteigert. Die Aktien gewannen mehr als ein Prozent. (awp/mc/upd/ps)