EU-Schluss: EuroStoxx 50 1,3 % tiefer bei 2’919 Punkten
Paris – Die schon bald mögliche Zinsanhebung in den USA hat Europas Börsen am Donnerstag sichtbar belastet. Das am Vorabend veröffentlichte, jüngste Sitzungsprotokoll der US-Notenbank Fed hatte offen gelegt, dass die Währungshüter bei einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung schon im Juni die Zinsen anheben könnten. Dann würden Aktien gegenüber Anleihen unattraktiver.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 1,26 Prozent tiefer bei 2919,22 Punkten. Für den CAC-40-Index in Paris ging es um 0,85 Prozent auf 4282,54 Punkte bergab und der Londoner Auswahlindex FTSE 100 verlor sogar 1,82 Prozent auf 6053,35 Punkte. Auch die Wall Street, die den Fed-Aussagen am Mittwoch noch getrotzt hatte, gab zuletzt deutlich nach.
Neben dem Fed-Protokoll befeuerten die Aussagen weiterer US-Notenbanker die Erwartungen einer bald strafferen Geldpolitik. «Vieles spricht für eine Zinsanhebung im Juni», zitierte etwa die Nachrichtenagentur Bloomberg aus einem Interview mit Jeffrey Lacker, Präsident der Federal Reserve Bank of Richmond. William Dudley, der Präsident der Federal Reserve Bank of New York, hob das im zweiten Quartal anziehende Wirtschaftswachstum sowie die offenbar nachlassenden globalen Risiken hervor.
Von den jüngsten amerikanischen Konjunkturdaten kamen indes keine klaren Signale für einen baldigen Zinsschritt: Der Philly-Fed-Index, der die wirtschaftliche Aktivität in der Region Philadelphia misst, hatte sich im Mai überraschend eingetrübt. Zudem waren die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe etwas weniger zurückgegangen als erwartet. Dagegen war der Sammelindex der wirtschaftlichen Frühindikatoren im April überraschend deutlich gestiegen.
Die europäische Branchenübersicht wies am Donnerstag nur Verlierer aus. Am besten behaupteten sich noch die Autobauer- und -zulieferertitel: Der Subindex im marktbreiten Stoxx Europe 600 sank lediglich um 0,17 Prozent. Auch der Bankenindex hielt sich mit minus 0,21 Prozent vergleichsweise gut – die Branchentitel wurden von der Aussicht auf bald steigende US-Zinsen gestützt.
Schlusslicht in der Übersicht war dagegen der Chemiefirmen-Index, der 2,88 Prozent einbüsste. Er litt unter dem Kursrutsch des deutschen Pharma- und Chemiekonzerns Bayer . Dessen Übernahmepläne für den US-Agrarchemiekonzern Monsanto stiessen bei den Anlegern auf wenig Gegenliebe.
Stark unter Druck standen auch die Indizes der Bergbaukonzerne sowie der Öl- und Gasunternehmen, die jeweils über zweieinhalb Prozent verloren. Sie wurden von den rückläufigen Öl- und Metallpreisen belastet. Beim Bergbaukonzern Fresnillo drückte eine Verkaufsempfehlung der Citigroup zusätzlich auf die Stimmung, weshalb die Titel am Ende des FTSE 100 um knapp 7 Prozent absackten.
Recht schwach präsentierte sich die Luftfahrt- und Freizeitbranche, deren Index trotz der Ölpreisschwäche um 1,47 Prozent nachgab. Hier belastete der mutmassliche Absturz eines Flugzeugs der Gesellschaft Egyptair, das auf dem Weg von Paris nach Kairo gewesen war. Frankreichs Präsident Francois Hollande sprach von der Möglichkeit eines Unfalls oder eines terroristischen Hintergrunds – keine Schlussfolgerung sei auszuschliessen.
Die Aktien des britischen Reiseveranstalters Thomas Cook brachen nach Zahlen zum ersten Geschäftshalbjahr sogar um rund 19 Prozent ein. Die Terroranschläge in der Türkei und Belgien drückten auf dass Geschäft und der Ausblick enttäusche, hiess es von Börsianern.
In Zürich schafften die Papiere von Julius Bär ein Plus von 0,30 Prozent, nachdem der Vermögensverwalter einen Zwischenbericht zum ersten Quartal vorgelegt hatte. Börsianer werteten diesen tendenziell positiv.(awp/mc/ps)