London – Die Sorgen vor rasch steigenden US-Zinsen haben auch am Donnerstag die europäischen Börsen dominiert. Die wichtigsten Aktienindizes der Region gaben recht deutlich nach. «Die Erholung an den Börsen dies- und jenseits des Atlantiks scheint für den Moment vorüber zu sein», sagte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets.
Der EuroStoxx 50 als Leitindex für Aktien der Eurozone weitete seine jüngsten Verluste aus und schloss 1,16 Prozent tiefer auf 3399,16 Punkten. Für den französischen CAC 40 ging es um 1,09 Prozent auf 5262,56 Zähler nach unten. Der FTSE 100 in London büsste 0,78 Prozent auf 7175,64 Punkte ein.
Am Nachmittag standen erneut Aussagen des neuen US-Notenbankchefs Jerome Powell im Fokus. Der Nachfolger von Janet Yellen sieht keine Anzeichen für eine Überhitzung der Wirtschaft. Es sei daher weiterhin angemessen, die Leitzinsen graduell anzuheben, sagte er vor dem Bankenausschuss des US-Senats. Investoren fürchten aber, die Zinsen könnten angesichts der gut laufenden Konjunktur schneller steigen als gedacht. In diesem Fall könnten Aktien verglichen mit Anleihen an Attraktivität verlieren.
Zudem werfe nun auch die Wahl in Italien am kommenden Sonntag ihre Schatten voraus, ergänzte Experte Stanzl. Angesichts dieser politischen Unsicherheit hielten sich Anleger an den europäischen Aktienmärkten zurück.
Aus Branchensicht gab es in Europa am Donnerstag überall Verluste. Am stärksten bergab ging es dabei abermals für den Rohstoffsektor mit minus 2,42 Prozent. Davor waren die Medienwerte mit einem Abschlag von 2,12 Prozent, nachdem der Londoner Werbekonzern WPP mit einem stagnierenden Umsatz im Monat Januar enttäuscht hatte. WPP-Aktien knickten als zweitschwächster Wert im britischen «Footsie» um mehr als 8 Prozent ein.
Am besten schnitt noch die Versorgerbranche ab, allerdings gab es auch hier ein Minus von 0,52 Prozent. Händler verwiesen auf den defensiven Charakter der Versorgeraktien, nach denen daher in einem schwachen Umfeld mehr Ausschau gehalten werde als nach anderen Aktien.
Die Branche der Nahrungsmittel- und Getränkehersteller gab als zweitbeste der Stoxx-600-Übersicht um 0,62 Prozent nach. Die Anteilsscheine von AB Inbev gewannen 2,23 Prozent. Der Brauerereikonzern habe mit seinem Wachstum im abgelaufenen Jahr die Erwartungen deutlich getoppt, schrieb Analyst Mitch Collett von der US-Investmentbank Goldman Sachs.
An der EuroStoxx-Spitze sprangen die Papiere des vor der Fusion mit dem weltgrössten Brillenhersteller Luxottica stehenden französischen Konzerns Essilor um 4,87 Prozent hoch. Essilor hatte mit einem starken Endspurt das Jahr 2017 gerettet.
Deutliche Kursausschläge nach oben und unten gab es auch im CAC 40: So sackten die Aktien von Carrefour am Indexende um 6,02 Prozent ab, nachdem Europas grösster Handelskonzern tiefrote Geschäftszahlen veröffentlicht und die Dividende gekappt hatte. Die Anteilsscheine von PSA gewannen dagegen nach der Vorlage der Jahreszahlen 4,49 Prozent. Alles in allem habe der französische Autobauer, zu dem inzwischen auch Opel gehört, hervorragend abgeschnitten, schrieb Analyst Jose Asumendi von der US-Bank JPMorgan. (awp/mc/ps)