Paris – Europas Börsen haben den Anfangsschock über den unerwarteten Ausgang der US-Präsidentschaftswahl am Mittwoch eindrucksvoll abgeschüttelt. Marktexperten beschwichtigten die Sorgen, die ein möglicher Erfolg des Republikaners Donald Trump bereits vor der Wahl ausgelöst hatte.
Nach einem tiefroten Start schaffte es der EuroStoxx 50 am Nachmittag klar in positives Terrain – auch unterstützt von einer robusten Wall Street, die vorbörslich noch deutlich unter Druck erwartet worden war. Am Ende stand der Leitindex der Eurozonen 1,09 Prozent im Plus bei 3056,29 Punkten. Damit knüpfte er an seine Erholung seit Wochenbeginn an, die sich allerdings noch auf die Hoffnung auf einen Wahlsieg der favorisierten Trump-Konkurrentin Hillary Clinton gestützt hatte.
Ebenfalls erfreulich sah es zur Wochenmitte bei den anderen europäischen Aktienindizes aus: Der französische CAC 40 gewann 1,49 Prozent auf 4543,48 Zähler und der britische FTSE 100 legte um 1,00 Prozent auf 6911,84 Punkte zu.
«Der Tag nach der US-Wahl und einem überraschenden Sieg des Republikaners Donald Trump ersetzt eine monatelange Unsicherheit durch ein klares Wahlergebnis – und das ist gut für die Börsen», kommentierte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Handelshaus CMC Markets die Kursentwicklung.
Analyst Andrew Garthwaite von der Bank Credit Suisse geht davon aus, dass Trump seine beunruhigenden Pläne für die Einwanderung oder eine protektionistische Handelspolitik letztlich abmildern dürfte. Zudem könnten sich die geplanten höheren Staatsausgaben und eine Senkung der Unternehmenssteuern positiv für Aktien auswirken.
Im unwahrscheinlichen Fall, dass der politisch unerfahrene Quereinsteiger alle seine Vorstellungen umsetze, drohe dem amerikanischen S&P-500-Index allerdings ein zehnprozentiger Kurssturz, warnte Garthwaite. Unmöglich ist dies nicht, falls Trump seine Partei hinter sich bringt: Denn die Republikaner haben in den zeitgleichen Kongresswahlen ihre Mehrheiten in den beiden Kammern verteidigt.
Im europäischen Branchensicht gab es klare Verlierer und Gewinner. Favorit im marktbreiten Stoxx Europe 600 war der Subindex der Rohstoffunternehmen: Mit plus 6,56 Prozent legte er den dritten Tag in Folge zu.
Dahinter stieg der Index der Pharmaunternehmen um 4,64 Prozent. Ein Sieg von Clinton hätte laut Händlern Befürchtungen in puncto erneuten Drucks zur Begrenzung von Medikamentenpreisen genährt.
Am Ende der Übersicht lagen hingegen die Indizes für die Versorger sowie die Lebensmittel- und Getränkehersteller, die 1,33 beziehungsweise 0,90 Prozent einbüssten. Beide Branchen gelten als defensiv und spielen ihre Stärken eher in einem negativen Börsenumfeld aus.
Bei der spanischen Bank BBVA mussten die Anteilseigner einen fast sechsprozentigen Kursrutsch verkraften – damit war die Aktie Schlusslicht im EuroStoxx 50. Das Finanzinstitut ist stark in Schwellenländern engagiert, so dass die BBVA besonders deutlich unter einem verstärkten Protektionismus in den USA leiden könnte.
Die Berichtssaison der Unternehmen rückte angesichts der US-Wahlen in den Hintergrund. So legte der französische Siemens-Rivale Alstom im ersten Geschäftshalbjahr beim Umsatz ordentlich zu. Dabei profitierte das Unternehmen vor allem von Aufträgen ausserhalb des Heimatmarktes. Die Aktien zogen um rund neun Prozent an.
In London fielen die Papiere von Burberry indes um gut zwei Prozent. Der Luxusgüterkonzern hatte im ersten Geschäftshalbjahr lediglich die Markterwartungen erfüllt, während die Wettbewerber positiv überrascht hatten. (awp/mc/pg)