London – Die sich wieder zuspitzende Ukraine-Krise hat Europas Aktienmärkte am Donnerstag ins Minus gedrückt. Der EuroStoxx 50 ging 1,41 Prozent tiefer mit 3157,82 Punkten aus dem Handel. Zur Wochenmitte hatte der Leitindex der Eurozone noch kräftig von guten Konjunkturdaten aus Übersee profitiert. In Paris fiel der Cac 40 am Donnerstag um 1,21 Prozent auf 4316,12 Punkte und der FTSE 100 in London büsste 0,68 Prozent auf 6738,32 Punkte ein.
Die neuen Sanktionen der EU und der USA gegen Russland hätten die insgesamt guten Geschäftsberichte von Unternehmensseite überschattet, sagte Marktanalyst Jasper Lawler von CMC Markets UK. Zudem spitzte sich die Lage in der Ukraine-Krise weiter zu: Im Osten der Ukraine soll nach Informationen der russischen Agentur Interfax eine Passagiermaschine der Malaysia Airlines abgestürzt sein. Das Flugzeug sei abgeschossen worden, teilte Anton Geraschtschenko, Berater des ukrainischen Innenministeriums, nach Angaben der russischen Agentur Ria Nowosti mit.
Händler Markus Huber vom Londoner Broker Peregrine & Black verwies zudem auf Unsicherheit über die künftige Zinspolitik der US-Notenbank Fed. Fed-Chefin Janet Yellen und der Chef der regionalen Notenbank von Dallas, Richard Fisher, hätten sich über den möglichen Zeitpunkt einer Leitzinserhöhung widersprüchlich geäussert.
Im marktbreiten Stoxx Europe 600 hatten die Technologiewerte die Nase vorn: Der Sektorindex gewann 0,14 Prozent. Schlusslicht in der Branchenübersicht war der Banken-Index mit minus 1,64 Prozent. So gingen in Portugal gingen die Aktien der Banco Espirito Santo (BES) nach ihrer Erholung vom Vortag wieder auf Talfahrt. Die Ratingagentur Moody’s hatte zuvor ihre Einstufung des BES-Grossaktionärs Espirito Santo Financial Group (ESFG) zum zweiten Mal in diesem Monat auf die nun zweitniedrigste Stufe «Ca» gesenkt. Die BES-Papiere waren zuletzt wegen andauernder Spekulationen über die Finanzlage der Dachgesellschaft Espirito Santo International unter Druck geraten.
Der französische Handelskonzern Carrefour hatte im zweiten Quartal von der Aufhellung der Wirtschaft in Europa profitiert und trotz Belastungen durch den starken Euro den Umsatz gesteigert. Die Aktien konnten ihre anfänglichen Gewinne allerdings nicht behaupten und schlossen 1,05 Prozent tiefer. In London fielen die Papiere von Anglo American nach einen Produktionsbericht um 1,60 Prozent. Der Bergbaukonzern hatte zwar die Eisenerz- und Kupferförderung gesteigert, die Platin-Förderung hatte allerdings unter Arbeitskämpfen in südafrikanischen Minen gelitten.
Besser sah es für die Aktien des schweizerischen Symrise-Konkurrenten Givaudan aus. Sie verteuerten sich in Zürich um 0,93 Prozent. Geringere Kosten hatten dem Aromen- und Duftstoffhersteller trotz stagnierender Umsätze überraschend viel Gewinn beschert. Unter den Einzelwerten stachen zudem Fiat dank Übernahmefantasien mit einem Kursplus von 1,38 Prozent hervor. Zwischenzeitlich waren sie sogar um mehr als fünf Prozent gestiegen. Dem «Manager Magazin» zufolge lotet Konkurrent Volkswagen (VW) eine teilweise oder komplette Übernahme von Fiat Chrysler aus. Die Agnelli-Familie als grösster Fiat-Aktionär wies Berichte über eine mögliche Übernahme allerdings zurück. (awp/mc/upd/ps)